Nach der breit inszenierten Rede des Kanzlers nach der Rückkehr aus dessen Sommerpause kündigte auch Rudolf Anschober eine „Erklärung“ an, und zwar auf sein Hauptthema beschränkt, die „Phase 4“ der Covid-19-Epidemie.

Schon ab Jänner könnte es zu ersten Impfungen kommen, kündigte der Gesundheitsminister an. "Die Voraussetzung ist, dass die Firmen ihre Zusagen einhalten und die Marktzulassung rechtzeitig erfolgt."

Ein erster Vertrag mit einer Firma sei geschlossen, es handle sich um ein europäisches Projekt.  Insgesamt sollen fünf Impfstoffe verschiedener Hersteller zum Einsatz kommen. Die EU übernehme das finanzielle Risiko. Ergebnis könnte sein, dass Österreich bereits im Jänner 600.000 Impfdosen für die Impfung von 300.000 Menschen zur Verfügung habe. Anschober: "Das wird nicht alle Probleme lösen, aber es wird eine Erleichterung bringen." Zumal auch die normale Grippewelle zwischen Dezember und März ihren Höhepunkt habe.

Mit den ersten Chargen sollen Mitarbeiter des Gesundheitsbereichs und in der Pflege geimpft werden. Offen sei die Frage, wie wirksam der Impfstoff sei und wie viele Menschen sich tatsächlich impfen lassen. Bei der Grippe seien es zuletzt nur 8 bis 9 Prozent gewesen, bei Corona hoffe er auf 50 Prozent. Nur dann könne davon ausgegangen werden, dass im nächsten Sommer auch die Risikogruppen gut gegen eine Infektion geschützt seien.

MNS ein ständiger Begleiter

Der Mund-Nasen-Schutz werde in Herbst und Winter ein ständiger Begleiter bleiben, weil er auch das Risiko der Ansteckung mit anderen Erkältungskrankheiten und der Grippe vermindere. Kinder vor allem würden auch gegen Influenza geimpft werden. Anschober: "Phase 4 ist insbesondere die Phase des Risikos einer zweiten Welle." In der Geschichte der Infektionskrankheiten sei die zweite Welle oft die stärkere gewesen, daher müsse man sich jetzt auf die Vermeidung von Ansteckung konzentrieren, um eine Explosion zu verhindern.

Regeln für Wintertourismus

An den Regeln für den Wintertourismus werde unter Hochdruck gearbeitet, bis Ende September werden sie stehen. "Wintertourismus wird möglich sein, aber nur unter bestimmten Rahmenbedingungen."

Die Schule werde der einzige Bereich sein, in dem man es mit ganz normalen Bedingungen versuche, zumindest zu Beginn. Bei den Veranstaltungen gelten die bestehenden Regeln mit weiteren Öffnungsschritten. Aber: "Bei größeren Infektionszahlen werden wir eingreifen." Dem Sport und der Kultur solle eine Chance gegeben werden.

Ampelsystem auf vier Beinen

Das neue Ampelsystem läute eine Veränderung in der Risikoabschätzung ein, die künftig auf vier Säulen bzw. Indikatoren beruhen werde:

  • die Zahl der Infizierten
  • die Zahl der Tests
  • die Cluster-Analyse
  • die Kapazitäten im Gesundheitssystem

Daraus werde ein Gesamtwert ermittelt. In der Expertenkommission erfolge die Meinungsbildung und eine faktenbasierte, transparente Entscheidung. Am Freitag werden jeweils Empfehlungen, Maßnahmen und Indikatoren offengelegt. Anschober: "Das ist ein Schub an Transparenz." Über eine eigene Homepage würden alle Daten und Fakten für die Bürger sichtbar gemacht. "Das ist eine neue Kultur".

Die Situation sei derzeit überschaubar und kontrolliert, man dürfe sich daher nicht wundern, wenn am Anfang die Ampel in den meisten Regionen auf Grün stehe. Mit den Ländern herrsche ein gutes Einvernehmen in Bezug auf den neuen Arbeitsbehelf. Vetorecht für eine Region werde es keines geben. "Im Notfall gilt bei der Abstimmung in der Expertengruppe die Zwei-Drittel-Mehrheit".

Es werde keinen neuerlichen, generellen Lockdown geben, im Gegenteil: Genau dieser soll durch die konkreten Maßnahmen je nach Situation umgangen werden.

Mehr Dialog

Im Falle einer neuen Sondersituation würde er in den Hauptausschuss des Nationalrates gehen, wie auch von der Opposition gefordert. "Überall dort, wo es um Eingriffe in die Grundrechte gehen, werden wir den Hauptausschuss damit konfrontieren." Auch der Dialog mit Nationalrat und Bundesrat generell solle intensiviert werden.

Für den Herbst kündigte Anschober die Arbeit an einem "Nationalen Aktionsplan gegen Armut" an: Die Opposition und die Zivilgesellschaft würden mit einbezogen.

Anschober beschrieb zuvor die Belastungen für die österreichische Bevölkerung.

  • Doppel- und Dreifachbelastung im Homeoffice
  • Existenzängste in Kurzarbeit
  • besorgte Risikogruppen: Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen
  • Existenzängste sozial und gesundheitlich
  • Aber auch Junge: übliche Kultur nicht mehr, Tanzen am Wochenende, Disco

Und er würdigte die enorme Leistung der Gesundheitsbehörden:

  • 91 Verordnungen, davon 3, die heftig kritisiert wurden
  • 144 Rechtsakte: Gesetze, Erlässe, etc.
  • 11.000 Anfragen alleine in der Rechtsabteilung des Gesundheitsministeriums, mit bestehendem Personalstand
  • 105.000 Anfragen von Bürgern im Gesundheitsministerium
  • 333 schriftliche Anfragen an den Gesundheitsminister
  • 500.000 Anrufe bei der Ages-Hotline
  • 1,5 Millionen Anrufe bei 1450 – medizinischer Hotline

Anschober: "Es ist ein Grant entstanden, eine Ungeduld, wie lange das noch dauert, ich kann es nachvollziehen, mir geht es genauso, ich sehne mich auch nach dem Ende der Krise."