12. Februar: „Berchtesgadener Abkommen“: Bundeskanzler Kurt Schuschnigg lässt sich vom deutschen Botschafter, Franz von Papen, unter dem Vorwand einer Aussprache zu einem Treffen mit dem deutschen Reichskanzler und Nazi-Führer Adolf Hitler auf den Berghof in Berchtesgaden locken. Unter Androhung eines Einmarsches stimmt Schuschnigg der Einsetzung von Arthur Seyß-Inquart als Innenminister bzw. Sicherheitsminister sowie einer Amnestie für Nationalsozialisten und deren legaler Betätigung in der Vaterländischen Front zu.

20. Februar: Erstmals wird eine Rede Hitlers vollständig im österreichischen Rundfunk übertragen. Mit keinem Wort erwähnt der Diktator, wie er beim Treffen auf dem Obersalzberg Schuschnigg abkanzelte, vielmehr lügt er: „Ich möchte an dieser Stelle vor dem deutschen Volk dem österreichischen Bundeskanzler meinen aufrichtigen Dank aussprechen für das große Verständnis und die warmherzige Bereitwilligkeit, mit er der meine Einladung annahm und sich bemühte, gemeinsam mit mir einen Weg zu finden, der ebenso sehr im Interesse beider Länder wie im Interesse des gesamten deutschen Volkes liegt ... Ich glaube, dass wir damit auch einen Beitrag zum europäischen Frieden geleistet haben.“

24. Februar: Schuschnigg hält im historischen Reichsratssitzungssaal des Parlaments eine vom Rundfunk und auf öffentliche Plätze übertragene aufsehenerregende Rede vor dem Bundestag, in der er die Unabhängigkeit Österreichs bekräftigt: „Wir bekennen uns feierlich vor aller Welt zu unserem Vaterland ... Bis in den Tod rot-weiß-rot! Österreich!“

7. März: Der österreichische Militärattaché in Rom, Oberst Emil Liebitzky, informiert den italienischen „Duce“ Benito Mussolini, der bisher als Schirmherr der Unabhängigkeit Österreichs galt, dass Kanzler Schuschnigg übermorgen in Innsbruck die Anberaumung einer Volksabstimmung über ein freies Österreich ankündigen werde.

8. März: Guido Zernatto, Minister in der Regierung Schuschnigg und Generalsekretär der Vaterländischen Front, diktiert seiner Sekretärin die Bedingungen, unter denen die Volksabstimmung am Sonntag, dem 13. März, stattfinden soll. Die Sekretärin ist allerdings eine Nationalsozialistin und informiert sofort ihre Parteigenossen.

9. März: Schuschnigg fährt um 8.10 Uhr von Wien nach Innsbruck ab und kündigt dort in seiner Rede bei einer Veranstaltung der Vaterländischen Front vor sogenannten Amtswaltern die Abhaltung der Volksbefragung über die Selbstständigkeit Österreichs an. Seyß-Inquart lehnt diese kategorisch ab. Hitler schickt Wilhelm Keppler, Staatssekretär und „Beauftragter des Führers für wirtschaftliche Fragen“, nach Wien.

Tage des Triumphs der Nazis im März 1938: In Innsbruck erwartet man den Besuch des "Führers" Adolf Hitler
Tage des Triumphs der Nazis im März 1938: In Innsbruck erwartet man den Besuch des "Führers" Adolf Hitler © Picturedesk

10. März: Der nach Berlin zurückgeflogene Keppler berichtet „Wien gleiche einem Hexenkessel“. Ab den Morgenstunden ist die deutsche Grenze gesperrt, NS-Kundgebungen in zahlreichen Städten, Demonstrationen in Wien, am Abend erteilt Hitler die Weisung, die 8. Armee zu mobilisieren.

11. März, 2 Uhr: Nach weiteren Unruhen erteilt Hitler die Weisung Nr. 1 für den Einmarsch in Österreich, das „Unternehmen Otto“, 1937 geplant als militärisches Eingreifen für den Fall, dass Otto Habsburg, der älteste Sohn des letzten Kaisers Karl I., versuchen sollte, den österreichischen Thron zu besteigen.

11. März, zwischen 3 und 4 Uhr nachts: Im Wiener Außenministerium trifft ein Telegramm des österreichischen Generalkonsuls in München, Ludwig Jordan, ein, mit zwei Worten: „Leo reisebereit!“ Ein Codewort für den Fall, dass Jordan von einem unmittelbar bevorstehenden Einmarsch deutscher Truppen in Österreich erfährt. Die deutsche Grenze in Salzburg ist hermetisch abgeriegelt, der Zugverkehr unterbrochen.

11. März, Mittag: Seyß-Inquart und Edmund Glaise-Horstenau überreichen Schuschnigg Hitlers Ultimatum zur Verschiebung der Volksbefragung.

11. März, 13 Uhr: Unterzeichnung der Weisung Hitlers für den Einmarsch, „wenn andere Mittel nicht zum Ziele führen“. Von der Berliner Reichskanzlei aus macht Hermann Göring, zweiter Mann im Nazi-Reich, per Telefon Druck auf Seyß-Inquart, er möge auf den Rücktritt Schuschniggs drängen. Wieder wird Staatssekretär Keppler nach Wien geschickt.

11. März, Nachmittag: Nach Androhung des Einmarsches erklärt sich Schuschnigg bereit, die Volksbefragung abzusagen, lehnt aber einen Rücktritt ab.

11. März, 15.30 Uhr: Nach weiteren Verhandlungen bietet Schuschnigg seinen Rücktritt an, Bundespräsident Wilhelm Miklas akzeptiert, weigert sich aber, Seyß-Inquart zum Kanzler zu ernennen.

11. März, 19.47 Uhr: Schuschnigg hält seine Abschiedsrede im Rundfunk, er endet mit „So verabschiede ich mich in dieser Stunde von dem österreichischen Volke mit einem deutschen Wort und einem Herzenswunsch: Gott schütze Österreich.“ Das Straßenbild in Wien und den großen österreichischen Städten ändert sich innerhalb von Minuten dramatisch. Die Nationalsozialisten beherrschen bald die Lage. Tumultartig beginnt die Jagd auf Gegner, die Züge und Straßen Richtung Grenzen sind bald überfüllt.

11. März, am späten Abend: In Wien angekommen, koordiniert Keppler in Absprachen mit Göring und Seyß-Inquart die Machtübernahme. Göring fordert, Seyß-Inquart solle den halsstarrigen Bundespräsident Miklas absetzen. Göring kündigt an, dass er den Befehl zum Einmarsch der deutschen Truppen gibt, wer Widerstand leiste, verfalle dem Standrecht.

11. März, 21.45 Uhr: Keppler lässt Göring ausrichten, dass Seyß-Inquart mit dem Einmarsch einverstanden sei.

11. März, gegen Mitternacht: Miklas ernennt Seyß-Inquart zum Bundeskanzler und lobt auch sein Kabinett an, eine Hakenkreuzfahne wird auf dem Rathaus aufgezogen.

12. März, Früh: Im Morgengrauen landen deutsche Maschinen in Aspern, Passagiere sind unter anderem Heinrich Himmler und weitere hochrangige SS-Leute.

12. März, 5.30 Uhr: Deutsche Truppen überschreiten die österreichische Grenze bei Passau und Schärding, wenig später folgt eine Panzerdivision. Sie werden von der Bevölkerung mit Blumen begrüßt.

12. März, Vormittag: Während die erste Verhaftungswelle läuft, macht sich Hitler über Braunau und Linz auf den Weg nach Wien. Es wird ein Triumphzug. In Wien kommt es in der Folge zu „Reibpartien“, bei denen vor allem jüdische Passanten gezwungen werden, auf die Straßen gemalte Pro-Österreich-Parolen zu entfernen.

13. März: Das Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich wird ausgearbeitet, Bundespräsident Miklas tritt zurück, nachdem er seine Unterschrift für das „Anschlussgesetz“ verweigert hat, Seyß-Inquart proklamiert das Gesetz vom Balkon des Bundeskanzleramts und gibt den Termin für die Volksabstimmung bekannt.

14. März: Hitler trifft in Wien ein und hält vom Balkon des Hotels Imperial eine Ansprache. Für den 10. April wird eine „Volksabstimmung über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ angeordnet.

15. März: Hitler hält vor rund 250.000 Zuschauern seine Rede am Heldenplatz und verkündet den „Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich“, systematische „Säuberungen“ von Heer und Beamtentum beginnen, Politiker und Personen öffentlichen Lebens werden verhaftet.

16. März: Unter den vielen, die in diesen Tagen Selbstmord begehen, befindet sich auch der Kulturhistoriker, Schriftsteller und Schauspieler Egon Friedell, der aus dem Fenster springt, als sich die SA Zutritt zu seiner Wohnung verschafft.

18. März: In einer feierlichen Erklärung fordern Kardinal Innitzer und die anderen österreichischen Bischöfe die katholischen Gläubigen auf, sich bei der angeordneten Volksabstimmung „als Deutsche zum Deutschen Reich zu bekennen“. Auch der ehemalige Staatskanzler Karl Renner, ein prominenter Sozialdemokrat, bekundet laut, mit Ja stimmen zu wollen.

1. April: Erster Österreicher-Transport in das Konzentrationslager Dachau. In der 150-Personen-Gruppe befinden sich die nachmaligen Bundeskanzler Leopold Figl und Alfons Gorbach, Fritz Bock (später Handelsminister und Vizekanzler), Franz Olah (später ÖGB-Chef und Innenminister).

10. April: 99,7 Prozent der Österreicher stimmen bei der durch die NS-Propaganda vorbereiteten Volksabstimmung für den „Anschluss“, in Deutschland stimmten 99,01 Prozent zu.