„Askletno“, „drofgio“, „botgam“ - diese Nonsenswörter haben Sie in Volksschulkindern vorgesprochen. Mit welchem Ziel?
Marlene Lindtner: Diese Wörter haben keine Bedeutung und werden dafür verwendet, das phonologische Bewusstsein bei Kindern zu erheben. Man spricht zunächst das Wort vor und bittet das Kind, es nachzusprechen. Bei jedem Laut, den es hört, schiebt es einen Stein nach vorne. So lässt sich nachvollziehen, wie viele Laute das Kind in einem Wort identifizieren kann. Was für Erwachsene einfach klingt, ist für Kinder oft sehr herausfordernd, weil das Zerlegen von Wörtern in Laute viel komplexer ist, als es auf den ersten Blick erscheint.


Warum ist es wichtig, dass Kinder lernen, Laute auch zu spüren?
Einzelne Laute müssen identifiziert werden, um sie beim Schreiben in Buchstaben zu übersetzen. Kinder lernen viel durch Erfahrungen mit dem Körper. Sie müssen Dinge angreifen, spüren, erforschen, erleben. In der Schule werden Kinder meist aber nur dazu angehalten, Laute zu hören. Das vernachlässigt den kinästhetisch-artikulatorischen Kanal.

Marlene Lindtner
Marlene Lindtner © KK/PH


Damit bezeichnet man in der Fachsprache das Spüren von Lauten im Mund. Was weiß man über die Mechanismen im Hintergrund dieses Effekts?
Zahlreiche Studien bestätigen, dass der Bereich im Gehirn im motorischen Zentrum, der für die Artikulation zuständig ist, nicht nur beim Sprechen selbst, sondern auch beim Wahrnehmen sowie Verstehen von Sprache und dem Zerlegen von Sprache in Laute aktiviert ist.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Unterrichtspraxis in der Schule?
Es zeigt, dass Mundbewegungen für das Verstehen und Zerlegen von Sprache sehr wichtig sind und deshalb natürlich im Unterricht berücksichtigt werden müssen.

Wie kann im Unterricht das Lernen mit Körpereinsatz aussehen?
In der Volksschule sollte neben dem Hören von Lauten unbedingt auch das Spüren von Lauten im eigenen Mundraum gezielt geschult und bei der Schulung der Phonologischen Bewusstheit und dem Lese-Schreiberwerb berücksichtigt werden. Das bestätigen auch die Ergebnisse meiner Doktorarbeit. Sie zeigen, dass Kinder, bei denen das der Fall ist, am Ende der ersten, der zweiten und der dritten Klasse bessere Leistungen in der Phonologischen Bewusstheit und der lauttreuen Schreibung zeigen als Kinder, bei denen das nicht der Fall ist. Das gilt auch für leistungsschwächere Kinder und Kinder mit anderer Erstsprache als Deutsch.

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