Mit heute 0 Uhr ist der strenge Lockdown, in dem Österreich seit Dezember verharrt, vorbei: Handel, Friseure, Museen sperren wieder auf, Kindergärten und Volksschulen gehen wieder in vollen Präsenzbetrieb, Unter- und Oberstufen in Schichtbetrieb.

Eine schaumgebremste Öffnung – zusätzlich zur weitreichenden FFP2-Masken-Pflicht müssen sich Schüler mehrmals die Woche selbst testen, für den Zugang zu „körpernahen Dienstleistern“ ist zudem ein negatives Covid-Testergebnis von zugelassenen Stellen – etwa von niedergelassenen Ärzten oder öffentlichen Teststraßen – nötig.

Die Öffnung war eine politische Entscheidung. Hochkarätige Experten hatten in den vergangenen Tagen mehrfach davor gewarnt, dass die Verbreitung des Virus in Österreich noch zu hoch sei, um es dauerhaft unter Kontrolle zu halten.

Aktuell liegt die 7-Tage-Inzidenz – laborbestätigte Fälle pro 100.000 Einwohner der letzten sieben Tage – knapp über 100. Zu Beginn des Lockdowns war ein Wert unter 50 als Ziel angepeilt gewesen, um eine sinnvolle „Track & Trace“-Strategie umsetzen zu können – also Infektionen zu verfolgen und Kontakte zu isolieren.

„Aus virologischer Sicht sind die Öffnungen nicht vertretbar“, hat etwa Virusforscher Andreas Bergthalervor einigen Tagen der Kleinen Zeitung gegenüber erklärt. Eigentlich bräuchte es demnach gerade jetzt einen besonders strengen Lockdown, wo sich ansteckendere Virusvarianten in Österreich ausbreiten, die zuletzt schon dafür sorgten, dass die Zahl der Infektionen trotz Lockdowns im Wesentlichen gleich bleibt, statt wie erwartet rapide sinkt.

Erste Mutationsvarianten in der Steiermark

Die Lockerungsschritte kommen just zu einem Zeitpunkt, an dem in ganz Österreich Fälle der Mutationen B.1.1.7 (die „britische“ Variante) und B.1351 (die „südafrikanische“) festgestellt werden. Wie die Kleine Zeitung erfahren hat, ist die südafrikanische oder britische Coronavirus-Mutation in einem steirischen Pflegeheim in Gleisdorf aufgetaucht: Dort sind 30 Personen erkrankt. Die Auswertung eines PCR-Tests legt den Verdacht nahe, dass es die südafrikanische Variante sein könnte.

Die endgültige Bestätigung obliegt der Ages, die eine spezielle, weitere Untersuchung durchführt. Aus ganz Österreich liegen bei der Ages derzeit Mutationsverdachtsfälle vor, die geprüft werden müssen.
Betroffen ist im Gleisdorfer Altersheim zumindest eine Person, die bereits eine Impfung erhalten hat – in den ersten Tagen nach der ersten Teilimpfung gibt es ja keinen vollen Schutz gegen das Virus. Jetzt laufen weitere Untersuchungen in der Steiermark an, wie weit sich die Mutation verbreitet hat.

Neben der Vermehrung der Fälle bringen diese Varianten des Virus auch die Gefahr, dass sie einzelne Impfstoffe in deren Wirksamkeit beeinträchtigen könnten. Der Impfstoff von AstraZeneca soll etwa bei der Südafrika-Mutation etwas weniger wirksam sein, was zumindest erste, noch nicht voll aussagekräftige Studien andeuten. Aber, so erklärt das Unternehmen, die AstraZeneca-Impfung könne auch bei dieser Mutation schlimme Krankheitsverläufe verhindern.

Breitet sich die südafrikanische Mutation stärker aus, könnte das bedeuten, dass Österreichs Impfstrategie, bei der im hohen Maß auf AstraZeneca gesetzt wurde, zu adaptieren ist.