Zu alt für Aktien? Wer "Börse-Oma" Beate Sander kennenlernt, stellt diese Frage nie mehr. Beate Sander ist jetzt 81 und ein Star. Vor 20 Jahren noch Realschullehrerin, ist sie heute eine gefeierte Rednerin und Autorin. Dass ihre Pension völlig im Zeichen von Aktien und Kapitalmärkten stehen würde, das hatte sie selbst nicht auf dem Plan.

Mit Aktien ein kleines Vermögen aufzubauen, ist Beate Sander mit einem Startkapital von 30.000 Euro gelungen. Heute hat sie deutlich mehr als eine Million Euro auf dem Konto. Wie sie das gemacht hat, erzählt sie so mitreißend fröhlich und quirlig, das man meinen könnte, Börsen sind reinste Jungbrunnen. Ist Geld ihr Motor? Oder das permanente intensive Lernen?  "Erfolg als solcher ist mir wichtig, an Geld kann man ihn messen," erzählt sie. "Wenn ich mehr verdiene, kann ich mehr für meine Enkel tun und großzügig sein." Lernen, das sei allerdings ihr Lebenselexier. "Ich möchte gar nicht mehr leben, wenn ich jetzt nichts mehr lernen könnte, nichts mehr bewegen und verändern könnte." Eine zweite Krebstherapie hat sie gerade hinter sich. Die Offenheit mit der sie darüber spricht, verblüfft. Selbst ihre eigene Immuntherapie war für sei ein Impuls, sich mit den Unternehmen hinter moderner Biotech-Medizin  zu beschäftigen.

"Hoch-Tief-Mut-Strategie"

Die "Hoch-Tief-Mut-Strategie" zu vermitteln, die sie entwickelt hat, insbesondere Frauen zu bewussterer Geldanlage zu motivieren, ist der Ulmerin ein Herzensanliegen. "Ich habe auch ein paar Börsensprüche erfunden. Der wichtigste ist vielleicht: Meide die gefährlichen vier- Euphorie, Panik, Angst und Gier. Oder: Kein Fluch, sondern Segen, langfristig anlegen." Beate Sander ist in ihrem Element: "Keine Aktie auf Kredit, alles andere als ein Hit," schießt sie die Sätze wie aus der Pistole. Ein letzter noch: "Breit gestreut, nie gereut."

Sie hat mit kleinem Geld angefangen und damals bei ihrem Einstieg in die Welt der Indices der Familie beschieden, dass es keine Weihnachtsgeschenke gibt. Dafür gab es ein Jahr später mehr. Sie stellt aber auch klar: "Das ist kein Kindergeburtstag. Man kann nicht glauben, ich mache jetzt Börse, wenn ich mir ein Buch kaufe. So geht das nicht." Sie selbst steht oft um vier Uhr in der Früh auf, studiert Kurse, geht zwischendurch Schwimmen, um dann wieder Börsenachrichten zu sichten.

Pure Leidenschaft

Als Vorbild versteht sich Beate Sander schon, aber nicht als einfach kopierbares. Das "volle Programm" gibt sie sich auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen. "Da komme ich mit Sicherheit auf zehn bis zwölf Stunden, und dass ich gar nicht ins Bett gehe, gibt es auch." Pure Leidenschaft also. "Das geht nur, weil ich alleinlebend bin. Es geht nicht, wenn ich einen Mann habe. Meiner wäre mir nach drei Tagen davongerannt und aus meinen Kindern wäre auch nichts geworden."

Tipps für Menschen, die am Tag vielleicht nur eine halbe oder eine Stunde investieren möchten, hat sie trotzdem. Sie empfiehlt ETF´s, vor allem Fonds, die Aktienindices wie den ATX, DAX oder Dow Jones widerspiegeln. Mit guten Fonds, "ja es gibt richtig gute," bekräftigt sie, "mit dieser Vorspeise kommt dann vielleicht der Appetit auf richtiges Essen." Schritt für Schritt könne man sich Aktien ins Depot legen. Und die dann niemals bei einem Crash einfach verkaufen. Sander: "Ein Crash ist gut für Leute mit Mut."

Dividendenbringer

"Ich habe Aktien mit extrem hohen Kursgewinnen von 3000 bis 4000 Prozent. Oder welche mit Dividenden-Renditen von 25 bis 45 Prozent im Jahr," so Sander. Diese guten Pferde bleiben im Stall. "Das sind welche, wo ich früh gemerkt habe, die haben so ein Erfinder- und Entdecker-Gen." Kleine Teilverkäufe bringen genug Geld für neue Zukäufe. "DAF Holland konnte man vor kurzem für sechs Euro kaufen. Die zahlen auch noch eine hohe Dividende. Ich bräuchte nur acht oder neun meiner Super-Aktien zu verkaufen, um davon eine Menge neue zu kriegen." Gute Dividendenbringer kommen nie auf ihre Verkaufsliste. "Oft habe ich in wenigen Jahren den ganzen Einsatz nur über die Dividende zurückbekommen. Es gibt Unternehmen, die haben über 50, 60 Jahre immer ihre Dividende erhöht," so Sander.

Dass man mit Aktien nicht mehr ruhig schlafen könne - verbreitete Sorge unter Nicht-Aktienbesitzern - findet sie lächerlich. "Und diese ganzen moralischen Sachen, die habe ich schon als Lehrerin erlebt." Ein Börsespiel mit den Schülern, ihr Einstieg in die Materie, wurde von Kollegen böse kommentiert. Eine "Sauerei" sei das, wie könne sie Schülern ein so schlechtes Vorbild sein, dass es immer nur ums Geld gehe, erinnert sie sich an die Vorwürfe. Und die zierliche alte Dame in schwarzer Hose und grünem T-Shirt gerät darüber immer noch in Fahrt: "Man kann auch im Fernsehen nur Schrott schauen oder gute Informationen bekommen. Ich kann auch an der Börse mit meinem Geld etwas Gutes tun. In meinen neuen Büchern werde ich viel über Nachhaltigkeit schreiben, da will ich rüberbringen, dass man auch einen Scheiß-Kapitalismus machen kann und auf der anderen Seite ganz viele Firmen erkennen, dass sie nicht nur an den Profit ihrer Aktionäre denken dürfen."