Heute auf den Tag genau vor vier Wochen – am 14. Juli um 23.45 Uhr – flog der Skandal um die Commerzialbank Mattersburg offiziell auf. Vieles, das nicht für möglich gehalten wurde, kam ans Tageslicht, auf die meisten Fragen gibt es aber noch keine Antworten. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt ein Team von Experten gegen zwei ehemalige Vorstände wegen des Verdachts der Untreue und Bilanzfälschung.

Nach mehreren Hausdurchsuchungen und Einvernahmen betonen die Ermittler, dass sie erst am Beginn stehen. Ähnlich erklären sich die Masseverwalter der Kanzlei Kosch und Partner nach dem gestrigen Gläubigerausschuss im Konkursfall Commerzialbank (CMB): „Die Aufarbeitung wird erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.“ Insider gehen von mehreren Jahren aus.

Was ist echt, was nicht?

„Wie in jedem größeren Insolvenzverfahren stellen sich viele und sehr komplexe Fragen“, erklären die Masseverwalter. Vereinfacht gesagt, müssen sie das Vermögen den berechtigten Forderungen gegenüberstellen. Große Erschwernis im Fall der CMB ist der Umstand, dass erhebliche Teile der Bilanz erfunden wurden.

Im Insolvenzantrag attestierte der von der Finanzmarktaufsicht eingesetzte Regierungskommissär Bernhard Mechtler der CMB liquide Mittel von 78 Millionen Euro und eine Überschuldung in der Höhe von 528 Millionen Euro. „Es gilt nun zu überprüfen, was davon wirklich existiert“, sagen Experten. Die Masseverwalterin will das von Sachverständigen forensisch aufarbeiten lassen. Unter anderem geht es um mögliche Anfechtungen von Geldabflüssen kurz vor der Schließung.

Abschlussprüfer im Visier

Zum Vermögen der Bank gehören neben Barbeständen, Ansprüchen aus Krediten, Beteiligungen und Liegenschaften auch Ansprüche gegen (ehemalige) Organe. Hinzu kommen etwaige Schadenersatzansprüche wegen der Verletzung von Prüf- oder Aufsichtspflichten. Die TPA als Abschlussprüferin der Bank sieht sich bereits mit außergerichtlichen Ansprüchen konfrontiert. Für den Fall einer Nicht-Einigung ermächtigte der Gläubigerausschuss die Masseverwalterin, Klage einzubringen.

Für Spannung könnte dieser Zusatz sorgen: Im Fall sogenannter Gemeinschaftsschäden habe der Masseverwalter das Monopol, Ansprüche geltend zu machen, erklärt die Kanzlei Kosch. Gläubiger könnten dann nur über das Insolvenzverfahren teilnehmen. Auf Anfrage, ob das auch für Amtshaftungsklagen gelte, die von Anwälten angestrebt werden, heißt es: „Das wird geprüft und ist denkbar.“

500 Millionen will die Einlagensicherung

Aktuell lässt sich das Vermögen also nicht bestimmen. Umgekehrt ist auch der Schaden nur annähernd zu beziffern. Ex-Vorstand Martin Pucher soll, so berichtete „Profil“, in einer Einvernahme gestanden haben, bereits 1992 mit dem Frisieren der Bilanzen begonnen zu haben. Bei einer Bilanzsumme von 795 Millionen Euro sollen Posten von fast 690 Millionen fingiert sein. Experten gehen davon aus, dass die Pleite der CMB am Ende zu den fünf größten der Zweiten Republik gehören wird. Die Einlagensicherung wird als Gläubigerin vorrangig bedient. Da sie rund 500 Millionen Euro fordern wird, sieht es für nachrangige Gläubiger düster aus.

Florianihof pleite

Für Mattersburg gibt es eine neue Hiobsbotschaft. Der Florianihof, beliebter Gastronomie- und Hotelbetrieb in der Stadt und ein Tochterunternehmen der CMB, ist insolvent. Das 37-Zimmer-Haus mit 21 Beschäftigten soll für immer zugesperrt werden; die Belegschaft hatte das Aus als Folge der Bankpleite, aber auch der Pandemie längst befürchtet.

Am Donnerstag kommt es in Eisenstadt zu einem Sonderlandtag zum Bankskandal.

Insolvent: der Florianihof
Insolvent: der Florianihof © Juergen Fuchs