Die am Freitag angekündigte Senkung der Umsatzsteuer auf fünf Prozent bis Jahresende sollen die Gastronomie und den Kultursektor steuerlich um bis zu 900 Millionen Euro entlasten. Die Kleine Zeitung bat Margit Schratzenstaller, Ökonomin des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo),  um eine erste Einschätzung dieser Maßnahme.

Hilft das den Unternehmen in der Gastronomie, aus der Kultur sowie den Buch- und Zeitungsverlagen?
MARGIT SCHRATZENSTALLER: Das hilft den Unternehmen unmittelbar, wenn die Senkung nicht weitergegeben wird, was ja intendiert ist. Allerdings hilft die Maßnahme nur den Unternehmen, die auch tatsächlich Umsatz machen. Dass zusätzlich Umsatz geschaffen wird, ist kaum zu erwarten.

Ist damit zu rechnen, dass die Senkung dieser Massensteuer an die Konsumenten weitergereicht wird?
Es ist schwer abzuschätzen, in welchem Ausmaß die Entlastung weitergegeben wird. Es gibt wenig empirische Evidenz für temporäre Umsatzsteuersenkungen. Generell werden Senkungen der Mehrwertsteuer kurzfristig nur zu einem geringen Teil weitergegeben, aber die Intention ist ja auch, dass sie nicht weitergegeben wird, sondern die Unternehmen unterstützt.

Die Krise ist zu Jahresende wohl nicht vorbei. Müsste man so eine Maßnahme daher nicht länger denken?
Diese Frage ist schwer zu beantworten, da derzeit auch schwer abschätzbar ist, wie der weitere Verlauf der Krise und der Konjunktur sein wird.

EU muss Plan absegnen

Ob es ein Bier ist, ein Soda-Zitrone oder ein Verlängerter – generell müssen Wirte von Getränkepreisen 20 Prozent Mehrwertsteuer abführen. Bei Speisen sind es zehn Prozent. Geht es nach der Regierung, wird diese Steuer ab 1. Juli – befristet bis Jahresende – auf fünf Prozent gesenkt, und zwar gleichermaßen für Speisen und Getränke.

Diese temporäre Senkung einer Massensteuer ist der Kern neuer Unterstützungsmaßnahmen, die auch für den Kunst- und Kulturbereich (Museen, Kinos, Konzerte) und für Verlage (Bücher, periodische Druckwerke wie Zeitungen) gelten sollen. Vorerst ist es noch ein Plan, denn Österreich benötigt dafür eine Ausnahmegenehmigung der EU-Kommission, wie Finanzminister Gernot Blümel (VP) erklärte. In Summe ginge es um eine Entlastung um 900 Millionen Euro.

Bemerkenswert ist, dass die Steuersenkung auch für alkoholische Getränke gelten soll, da man bisher davon ausgegangen war, dass dies aufgrund von EU-Vorgaben nicht möglich sei. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (VP) betonte die Entlastung der Gastronomie einschließlich Buschenschanken, Heuriger und Hotels in der Höhe von rund 700 Millionen Euro. „Mein Wunsch wäre, dass die Maßnahme den Betrieben zugutekommt“, erklärte sie auf die Frage, ob es Intention der Regierung sei, dass die gesenkte Steuer bei den Konsumenten ankommt.

Auch Skepsis bei Ökonomen

Die Vertreter von Gastronomie und Hotellerie begrüßten das Paket, wobei die Umsatzsteuersenkung umgehend auch für Übernachtungen gefordert wurde. Staatssekretärin Andrea Mayer rechnet mit einer Entlastung von 150 bis 200 Millionen Euro für den gesamten Kulturbetrieb: „Wenn ein Künstler ein Bild um 1000 Euro netto verkauft, wäre die Entlastung 76 Euro. Bei einem Buch von 20 Euro ist die Steuerentlastung 1 Euro.“

Die Regierung folgt mit diesem Schritt in Teilen dem deutschen Konjunkturpaket. Ökonomen sehen die Senkung von Massensteuern als Anreiz zur Belebung aber auch skeptisch. Denn „was den Konsumenten fehlt, ist Zuversicht. Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung des Einkommens, Angst vor Ansteckung und gesundheitspolitische Vorschriften sind es, die Konsumenten eher verzichten lassen als sonst. Auch wenn es dank Steuer- und Preissenkung nun günstiger zu haben wäre als bisher“, analysierten Rainer Niemann und Timon Scheuer vom Institut für Steuerlehre der Uni Graz in der Kleinen Zeitung. „Die zu erwartende Wirkung der Mehrwertsteuersenkung ist vermutlich begrenzt, ihre budgetären Kosten sind jedenfalls massiv.“

Weitere Hilfen in Vorbereitung

Indes arbeitet die Regierung bereits an weiteren Hilfen. So sollen Steuerstundungen laut Blümel automatisch bis 15. Jänner 2021 verlängert werden. In Ausarbeitung seien zudem eine Adaptierung des Fixkostenzuschusses, ein Kreditmoratorium und ein Verlustrücktrag, damit Firmen Gewinne von 2018 und 2019 mit heurigen Verlusten gegenrechnen können. „Der Tiefpunkt der Krise ist überschritten“, so Blümel, er räumte aber ein, dass sich „die Auswirkungen noch länger hinziehen werden.