Joachim Schönbeck, Chef des steirischen Anlagenbauers Andritz AG, ist kein Mann der steten rhetorischen Überhöhung. Umso auffälliger ist es, wenn der deutsche Top-Manager von einem „Meilenstein“ spricht. Einen solchen will man bei der Andritz AG jetzt erreicht haben. Beschrieben wird so jedenfalls eine Kooperation mit dem US-Softwareriesen Microsoft. Ziel der jetzt spruchreif gewordenen Zusammenarbeit: Das Ermöglichen von „vollständig autonomen Fabriken“.

Die technologische Grundlage für den Weg zur möglichst selbstständigen Produktionsstätte nennt man bei Andritz „Metris“. Diese Plattform wird jetzt mit Technologie von Microsoft aufgerüstet. Eigentlich stammt die Basis für das nunmehr in Metris integrierte „Copilot-System“ ja von OpenAI, dem Erschaffer des Chatbots ChatGPT. Microsoft, Hauptgeldgeber von OpenAI, lizenziert dessen auf Künstlicher Intelligenz (KI) aufbauenden Sprachmodelle an Unternehmen. Über Microsofts Cloud-Plattform „Azure“, also ausgestattet mit Microsoft-Rechenleistung.

Die Modelle selbst können dann an die jeweiligen Kunden angepasst, also mit individuellen Datensätzen gefüttert und trainiert werden. Zugleich verspricht Microsoft Firmen wie der Andritz AG, dass die anfallenden Daten einerseits nicht für das Training von anderen OpenAI-Sprachlernmodellen verwendet werden und sie andererseits in europäischen Rechenzentren verarbeitet werden.

Mensch und Maschine im Austausch

Bei Andritz helfe der Copilot, „Anomalien zu erkennen“ und die „Kommunikation zwischen Mensch und Maschine zu optimieren“. Sprich: Die Bedienung der Anlage erfordert künftig deutlich weniger Vorwissen.

Zugleich sollen leistungsstarke Algorithmen auch dafür sorgen, dass die Anlagen selbst stets autonomer werden, wie Andritz-Manager Clemens Mann beschreibt. „Früher wurden Daten aufgezeichnet, analysiert und daraus Vorschläge an den Bediener abgeleitet“, sagt Mann. Das Ziel ist, dass Anlagen „durch Daten selbst lernen und Parameter eigenständig anpassen können“. Die Produktion könne in Folge deutlich effizienter ablaufen. Besonders großes Potenzial ortet Mann hierbei in der Papier- und Zellstoffindustrie. Mann: „Je größer und komplexer die Anlage, desto größer der Hebel für unsere Kunden“.