Die Regenbogenfahne stehe "für eine Welt, die bunt, vielfältig und angstfrei ist", hatte die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) im Vorjahr bei ihrer Ansprache am Grazer Christopher Street Day (CSD) gesagt. Weit mehr als 10.000 Menschen hatten bei der Grazer "Pride" für Vielfalt und Toleranz demonstriert und die Straßen in ein kunterbuntes Meer verwandelt – und diesen Samstag (1. Juli) ist es wieder so weit. Doppelt so viele Wägen wie 2022 werden dabei sein, und auch diesmal werden Tausende Menschen erwartet. Feiern werden sie nach den mutmaßlichen Anschlagsplänen auf die Wiener Pride letzte Woche – die drei jungen Verdächtigen wurden mittlerweile wieder enthaftet – aber unter verstärkten Schutzmaßnahmen.

Die Fotos der CSD Parade 2023 in Graz:

Auch in der Steiermark bringt die immer größere Sichtbarkeit der LGBTQI-Community Gegenwind mit sich: So wurden im Mürztal mehrfach Regenbogenfahnen gestohlen, in Leoben wurde eine Flagge im Vorjahr in Brand gesteckt. Gloria Hole wurde nach ihrer Kinderbuchlesung in Graz mit Hassnachrichten bombardiert. "Ich halte die Augen jetzt auf jeden Fall immer offen", so die Dragqueen. Um die CSD-Veranstaltungen diese Woche im überschaubaren Graz würde sie sich keine Sorgen machen. Obwohl: "Passieren kann immer und überall etwas."

Fotos der CSD Parade 2022 in Graz:

Die Gefahrenanalyse für die Parade in Graz habe jedenfalls keinen Hinweis auf konkrete Gefährdung ergeben, so Polizeisprecher Fritz Grundnig: "Aber der Vorfall in Wien fließt natürlich in den Einsatzplan mit ein, die Beamtinnen und Beamten werden sensibilisiert, und wir setzen mehr Personal ein als ursprünglich geplant."

Auch Kahr sorgt sich nicht und vertraut voll auf die Grazer Polizei, wie sie gestern beim Hissen der Regenbogenflaggen in der Herrengasse mit Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien (ausgenommen FPÖ und KFG) betonte. "Gerade jetzt ist es wichtig, ein kräftiges Zeichen für LGBTQI-Rechte, die ja Menschenrechte sind, zu setzen", erklärte Stellvertreterin Judith Schwentner (Grüne).

Fahnen gehisst: Die Grazer Stadtchefinnen Kahr und Schwentner mit Vertreterinnen und Vertretern von SPÖ, KPÖ, den Grünen, der ÖVP und der Neos, der ÖH-Queerreferate, RosaLila PantherInnen und Dragqueens Gloria Hole und Jodie Fox
Fahnen gehisst: Die Grazer Stadtchefinnen Kahr und Schwentner mit Vertreterinnen und Vertretern von SPÖ, KPÖ, den Grünen, der ÖVP und der Neos, der ÖH-Queerreferate, RosaLila PantherInnen und Dragqueens Gloria Hole und Jodie Fox © Nina Müller

Joe Niedermayer vom Verein RosaLila PantherInnen, der die steirische Parade gemeinsam mit den Queer-Referaten der Grazer Universitäten organisiert, räumt ein, dass sich durchaus vereinzelte Personen unsicher fühlen würden. Seine Botschaft sei aber eine klare: "Wir dürfen uns auf keinen Fall von diesem Hass einschüchtern lassen." Schließlich trage die Veranstaltung den Namen jener New Yorker Straße im Namen, in der 1969 die erste große Rebellion von Homosexuellen und anderen Minderheiten gegen Polizeiwillkür stattfand.

Neben politischen Forderungen gehe es vor allem um Ermächtigung, Sichtbarkeit und darum, den Menschen einen "positiven Spirit" mitzugeben. "Wenn wir uns wieder verstecken wie vor 20 Jahren, dann haben diese Menschen genau das erreicht, was sie wollten."