Sie wollte nie mehr weinen wegen Skirennen, hatte Cornelia Hütter gesagt, als sie auch die schwierigste Phase im Vorjahr überwunden hatte und wieder zurück in den Weltcup gekommen war. Dann kam die WM mit einer Bronzemedaille und unvermeidbaren Tränen. Dann kam die Abfahrt in Crans-Montana vor einer Woche – dort, wo sie vor einem Jahr so schwer gestürzt war und mit einer schweren Gehirnerschütterung die Heimreise hatte antreten müssen. Als sie nun die Abfahrt wieder fuhr, kamen die Bilder zurück; und mit ihnen die Emotion und Tränen.

Wie schön, dass Conny Hütter an diesem Freitag einfach nur strahlte. Es bedurfte keiner Freudentränen, dabei wären diese angebracht gewesen: Immerhin hatte die Steirerin im Super-G in Kvitfjell, der Olympiastrecke der Herren 1994, auf der die Damen an diesem Wochenende erstmals um Punkte fahren, für den ersten Saisonsieg der österreichischen Ski-Damen gesorgt. Nach zwei zweiten Plätzen im Super-G stand die 30-Jährige endlich ganz oben; und endlich war das Hundertstelglück auf ihrer Seite: 0,01 Sekunden war Hütter schneller als die Italienerin Elena Curtoni, Dritte wurde Lara Gut-Behrami.

Und: Dank des Sieges ist Hütter plötzlich auch voll im Rennen um die kleine Kristallkugel in dieser Disziplin, liegt als Vierte nur 21 Zähler hinter Curtoni, zwei Rennen sind noch ausständig.


Zurück zu den Emotionen: "Der Sieg, das ist schon cool, so viele habe ich ja noch nicht. Vielleicht können andere in unserem Zirkus davon sprechen, aber für mich sind Siege kein Alltag", erklärte sie. Aber: "Jetzt die rosarote Brille aufzusetzen, das wäre auch nicht das Richtige. Es geht mir darum, den Moment zu genießen. Diesmal war ich die Schnellste, das ist schön." Heute will sie dieses Kunststück wiederholen, in der Abfahrt. Da aber ist Sofia Goggia haushohe Favoritin, die Italienerin schied im Super-G auf dem Weg zur Bestzeit aus.

"Das Ziel ist, sie zu fordern. Wenn Favoritinnen sich heimelig fühlen, machen sie keine Fehler. Aber wenn sie weiß, dass wir da sind, dass wir sie ärgern können, dann muss auch sie riskieren – und da kann bei ihr immer was passieren", weiß Hütter, die aber auch in der Abfahrt auf ihre Teamkolleginnen zählt: "Wir fühlen uns alle extrem wohl hier, ich habe schnell gespürt, dass es mir brutal taugt und liegt – ich kann einfach das Meine dazu beitragen. Und wir alle haben uns schnell präsentiert." Das mag auch an den "Wohnumständen" liegen. Denn Hütter bewohnt mit Mirjam Puchner (8.), Stephanie Venier (9.), Nicole Schmidhofer (13.) und Tamara Tippler ein Blockhaus. "Stephi hat nach ihrem Top-Ten-Platz gleich Zimtschnecken gekauft. Wir fühlen uns alle wohl, es ist wie ein Mädelsausflug. Wir reden viel übers Skifahren, was wir besser machen können. Aber auch über andere Dinge", sagt Hütter, die auch Crans-Montana verarbeitet hat.

Da, erzählt sie, habe sie in der Abfahrt plötzlich "ein Déjà-vu" gehabt: "Ich wusste auf einmal alles, was vor einem Jahr passiert ist, da hat es mir fast den Boden unter den Füßen weggezogen. Daher war ich danach so emotional." Der Vorteil: Jetzt kann Hütter auch über diesen Zwischenfall reden, "damit kann ich ein Hakerl drunter machen". Und angreifen. So, wie sie es auch heute in der Abfahrt (11.00 Uhr) tun will.