Sonja Frey hat die Handball-Welt gesehen. In mehr als zehn Jahren war die Wienerin mit Frankreich, Dänemark und Deutschland in den mitunter besten Ligen Europas im Einsatz. Seit 2022 spielt die 30-Jährige wieder für den Thüringer HC, der 2012 auch ihre erste Auslandsstation war.
Und am Wochenende, da sieht dann Graz, wenn man so will, die Handball-Welt. Im Sportpark findet das Final Four der EHF European League statt, der zweithöchste europäische Klub-Bewerb im Handball. Zum ersten Mal findet der Bewerb auf neutralem Boden statt. Neutralität ist dabei aber ein dehnbarer Begriff, denn das Publikum dürfte aus gutem Grund parteiisch sein: Neben Sonja Frey sind mit Johanna Reichert und der verletzten Josefine Huber zwei weitere Österreicherinnen im Kader der Deutschen. Mit Trainer Herbert Müller, der auch das österreichische Frauen-Handballteam trainiert, gibt es noch einen Anknüpfungspunkt für Handball-Patrioten.
Unterstützung können die Thüringerinnen auch gut gebrauchen. Der Halbfinal-Gegner ist Ikast, Freys Ex-Team aus Dänemark. "Sie sind für mich der klare Favorit im Final Four. Sie haben die Ambition, in der Champions League zu spielen, sind körperlich stark und wurfgewaltig. Die stellen schon etwas dar", sagt Frey, "die wollen das unbedingt holen".
Am Samstag wird sich weisen, wie groß der "Heimvorteil" ausfällt. "Ich bin ehrlich: Einen echten Heimvorteil hätten wir in der Südstadt, dort kennen wir jede Ecke, jede Linie. In Graz waren wir noch zu selten. Aber mit dem Sportpark hat Graz jetzt eine tolle Infrastruktur – da hoffen wir auf viele Zuseher", sagt Frey.
Handball-Stellenwert in Dänemark war "der Wahnsinn"
Mit einer vollen Halle kann Frey gut umgehen. "Meine Zeit in Frankreich hat mir gut gefallen. Da waren die Hallen immer gut gefüllt, die Liga war ausgeglichen. Dort wird der Frauen-Handball auch wahrgenommen. In Dänemark ist der Handball ohnehin die Sportart Nummer eins. Das ist der Wahnsinn, was der Sport dort für ein Ansehen hat."
Dieses Ansehen, oder zumindest Nuancen davon, wünscht sie natürlich auch Österreich. Ihr innigster Wunsch für den heimischen (Frauen-) Handball ist aber eine bessere Zusammenarbeit mit Universitäten oder anderen Ausbildungsstätten. "Gerade im Frauen-Handball sollte man eine Ausbildung machen. In den zehn Jahren, in denen man spielt, verdient man nicht so gut, dass man sich etwas zur Seite legen kann. In Deutschland sind die Unis, wenn du in einem Nationalteam bist, sehr kooperationsbereit. In Österreich ist man da nicht gut aufgestellt", sagt Frey, die in Thüringen eine Ausbildung zur Physiotherapeutin abgeschlossen hat. Diese Form der Kooperation zwischen Spitzensport und Ausbildung würde sie sich auch in Österreich wünschen, "damit man nicht das Gefühl hat, dass man zwischen Sport und Ausbildung wählen muss".
Und damit noch mehr Österreicherinnen die Handball-Welt sehen.