Die Diskussionen dauerten insgesamt fast 20 Stunden, dann fällte die FIA ihr Urteil: Lewis Hamilton wurde wegen eines nicht dem Reglement entsprechenden Heckflügel für das Qualifying disqualifiziert und musste im Sprint-Qualifying des GP von Brasilien in Interlagos statt von der Pole-Position von ganz hinten starten. Mit rechtskonformen Flügelwerk ging Hamilton an die Aufholjagd, wurde noch starker Fünfter, während vorne Valtteri Bottas vor Max Verstappen und Carlos Sainz als Erster über die Ziellinie fuhr. Der Start zum Rennen erfolgt am Sonntag um 18 Uhr MEZ.

Davor hatten die Sportkommissare zwar anerkannt, dass der zu große Abstand zwischen den beiden Flügelelementen bei geöffnetem DRS von mehr als 85 Millimetern wohl nicht auf einen Betrugsversuch von Mercedes, sondern eher auf einen fehlerhaft funktionierenden Mechanismus im Öffnungssystem zurückzuführen war. Aber Regeln sind Regeln und so konnte die FIA gar nicht anders entscheiden.
Warum die Urteilsfindung doch Zeit in Anspruch nahm? Weil mehrere Vorfälle ineinandergriffen. Kurz nach dem Bekanntwerden der Untersuchung gegen Hamilton tauchten Videoaufnahmen auf, die zeigten, dass Max Verstappen direkt nach dem Qualifying erst seinen, dann den Heckflügel des Mercedes angefasst hatte – offensichtlich um etwas zu überprüfen. Ein Verstoß gegen die Parc Fermé Regeln, auch wenn so etwas in der Vergangenheit immer wieder vorkam, sich aber bis jetzt nie jemand dafür interessierte.

Es hätte aber durchaus sein können, dass Verstappen durch seine Aktion den Flügel irgendwie beschädigt oder manipuliert haben könnte? Die FIA sah in der „Untersuchung“ von Verstappen ein „harmloses Vergehen“. Dennoch setzte es eine 50.000-Dollar-Strafe, um derartige Reglementbrüche ein für alle Mal zu unterbinden. Schließlich gibt es da aber auch eine Vorgeschichte. Offenbar hatte Red Bull den Heckflügel schon vor dem Qualifying im Visier, aber aus einem ganz anderen Grund. Seit Silverstone fragt man sich bei den Bullen immer wieder, warum Mercedes auf einmal am Ende einer Geraden immer noch mal an Speed zulegen konnte. So soll sich das gesamte Mercedes-Heck absenken. In Brasilien glaubte man, noch einem anderen Teil des Rätsels auf die Spur gekommen zu sein. Ab Tempo 260 klappt ein Element des Mercedes nach unten und verringert so den Luftwiderstand. Red Bull-Motorsportberater Helmut Marko präzisierte schon vor dem Urteil: „Das hat nichts mit DRS zu tun, da geht es um flexible Flügel.“