Was macht man, damit eine langjährige Beziehung spannend bleibt? Man kann sich gegenseitig die Zehennägel schneiden, um sich danach zu verarzten. Weil so ist das mit Beziehungen, erst verletzt man sich, später versorgt man seine Wunden. Oder Thermenurlaube, Spieleabende, Paartherapie? Wir reisen gerne, am liebsten an Orte, wo man Tiere beobachten kann. Und nein, ich meine nicht das Haifischbecken beim FC Bayern München, auch nicht die Affen in so manchen Fußballstadien, nicht die Skisprung-Adler oder all die Viecher, nach denen amerikanische Profiteams benannt sind, sondern wirkliche Tiere, die draußen in der Natur einen täglichen Überlebenskampf führen. Da gibt es ganz unwahrscheinliche Leistungen und Rekorde.

Zum Beispiel die Meeresschildkröte, schlüpft aus dem Ei, krabbelt ins Meer, ist mit Glück die eine unter Tausend, die überlebt, um nach dreißig Jahren zur Eiablage genau an den Ort ihrer Geburt zurückzukehren. Eine Fähigkeit, um die sie Hindernisläufer und Navis beneiden. Wie sie das schafft? Es heißt, sie orientiere sich am Geruch ihres allerersten Atemzugs, aber was, wenn in der Zwischenzeit dort jemand eine Hendlgrillstation eröffnet hat?

Eines der faszinierendsten Tiere ist der Oktopus. Ohne den Schutz eines äußeren Skeletts ist er ein Meister der Tarnung, besitzt drei Herzen, neun Gehirne und seine Paarung ist eine Art Zehennägelschneiden, nein, Nasenbohren im Partner. Niemand applaudiert den sich in Todesverachtung ins Meer stürzenden Fischer-Vögeln, auch die steinalte Landschildkröte bekommt keinen Pokal, aber sie bewegt sich während ihrer zweihundert Jahre wohl nicht einmal halb so viel wie ein Kolibri an einem Vormittag. Keiner bewundert die Schwimmkünste der Seelöwen, die dafür an Land so plump watscheln, als ob sie nicht wüssten, was Füße sind. Bei ihrer Erschaffung muss der liebe Gott gerade eine Netflix-Serie geschaut haben.

Die Farben vieler Tiere kommen von der Ernährung. So gibt es im Amazonas rosarote Delphine, was an Mineralien liegt. Die Farbe der Flamingos, die aussehen wie gefiederte Straußeneier auf Soletti-Beinen, kommt von den Shrimps, und die seltsame Fußkolorierung der Blaufußtölpel, nein, das sind keine Freiheitlichen, stammt von Sardinen. Gelbe Bananenfische, rosarote Leguane und vieles mehr. Wie ist das bei Menschen? Sehen die auch eines Tags aus wie Schnitzel oder Erdäpfelsalat?

Tiere sind faszinierend. Alles Rekordhalter, jedes einzelne ein Sieger mit dem Preis der Arterhaltung. Trotzdem freue ich mich nach wochenlangem Viecherschauen wieder auf Fußballstadien, Pisten, Loipen, Tennisplätze. Das macht meine Frau dann mit, weil so geht gute Beziehung – das ist einfacher als bei den Tieren. Zehennägel schneiden wir uns nicht.

Franzobel, 1967 in Vöcklabruck geboren, ist Schriftsteller und Sport-Fan.