Die Debatte um ein mögliches Ende für kostenfreie Corona-Tests reißt nicht ab. Nachdem sich mehrere ÖVP-Bundesländer dafür ausgesprochen hatten, zieht die Ärztekammer nun nach „Ich denke, jeder, der sich nicht impfen lassen möchte und Veranstaltungen oder Restaurants besuchen möchte, sollte dann selbst für das Testen bezahlen“, erklärte Präsident Thomas Szekeres gegenüber „Ö1“.

„Ich sehe nicht ein, warum die Allgemeinheit diese doch sehr kostspieligen Tests zahlen muss, wenn Menschen sich weigern, die Gratis-Impfung in Anspruch zu nehmen.“ Voraussetzung sei die Möglichkeit, dass jeder Zugang zu einer Impfung hat, sagt Sekeres. Sobald die Tests bezahlt werden müssen, rechnet er mit einer Steigerung der Impfbereitschaft.

"Verliere gewissen Überblick"

„Wenn die Tests kostenpflichtig werden, verliere ich einen gewissen Überblick über das Infektionsgeschehen“, erklärt Simulationsforscher Niki Popper. „Die Zahl der Tests würde dramatisch sinken. Das tut sie aber auch, weil sich Geimpfte nur noch selten testen lassen.“ Zudem sei zu bezweifeln, dass Ungeimpfte, die sich nicht mehr testen lassen, „nur zuhause bleiben und niemanden anstecken“.

Mit einem Einbruch der Testzahlen rechnet auch Statistiker Erich Neuwirth. „Dann steht zu befürchten, dass es mehr unentdeckte Infektiöse gibt, was weitere Ansteckungen begünstigt“, erklärt er via Twitter. „Aus epidemiologisch-statistischer Sicht scheint mir das riskant.“ Gegen ein Ende der Gratistests spricht sich auch Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) aus. „Ich glaube nicht, dass kostenpflichtige Tests zum Impfen motivieren, sondern die Testbereitschaft in der Bevölkerung stark schwächen.“

Regierung will "Aufklärungsarbeit leisten"

Hinter vorgehaltener Hand gibt man in Regierungskreisen zu, es Impfverweigerern schwerer machen zu wollen – in der Hoffnung, dass sie den Stich wagen. Von einer Impfpflicht durch die Hintertür will man aber nicht sprechen. Ebenso wenig wie über Einschränkungen für Ungeimpfte bei Gastro- und Veranstaltungsbesuch, über die in Deutschland diskutiert wird. Man wolle lieber „Aufklärungsarbeit leisten“.

Mit der aktuellen Debatte hat Simulationsforscher Popper wenig Freude. „Ich bin ein Verfechter davon, mit niederschwelligen Angeboten, Aufklärung und Anreizen zur Impfung zu motivieren.“ Und: Tests seien kein nachhaltiges Mittel im Kampf gegen das Virus. „Ich kann so nur die Dynamik der Ansteckungen verlangsamen.“

Bis zu 1,8 Milliarden Euro Kosten

Im Gesundheitsministerium bleibt man dabei, dass die Tests im Sommer gratis bleiben. Im Herbst wolle man die Lage neu bewerten. 68,2 Millionen Tests seien bei Screenings und in Teststraßen bisher durchgeführt worden. Dazu kommen 11,7 Millionen in Apotheken, 5,6 in Betrieben und 35,9 Millionen Schultests. Bis Jahresende entstehen damit Kosten von 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro, rechnet das Ministerium vor – exklusive Schul- und Betriebstestungen.