Mehrmals betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz, gegen den wegen Falschaussage ermittelt wird, dass er der Staatsanwaltschaft vollumfänglich zur Verfügung steht. Einvernommen wurde Kurz aber noch nicht. Derzeit wird noch diskutiert, wer das überhaupt tun soll. 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKstA), die gegen Kurz wegen des Verdachts ermittelt, den Ibiza-Untersuchungsausschuss in mehreren Punkten falsch informiert zu haben. will die Einvernahme selbst durchführen.

Kurz' AnwaltWerner Suppan wünscht sich hingegen eine Einvernahme durch einen Richter oder eine Richterin. Die ÖVP hat zuletzt wiederholt Kritik an der WKSta geübt.

Wer ist also zuständig? Die Thematik ist grundsätzlich in der Strafprozessordnung geregelt, und zwar in Paragraf 101, Absatz 2. Dort steht, dass die Staatsanwaltschaft dann gerichtliche Beweisaufnahmen zu beantragen hat, "wenn an solchen wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat und der Person des Tatverdächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht".

Justizministerium prüft

Ein besonderes öffentliches Interesse am Bundeskanzler besteht zweifellos. Die Bedeutung der aufzuklärenden Straftat hingegen ist nicht so eindeutig. Für eine Beweisaufnahme durch einen Richter müssen aber beide Voraussetzungen erfüllt sein. Die Regelung ist daher in der Vergangenheit nur sehr selten zur Anwendung gekommen. 

Die WKStA sieht keinen Anlass, vom üblichen Prozedere abzuweichen. Im "Report" betont sie am Dienstag, dass das Verfahren weiterhin bei ihr liege. Laut Strafprozessordnung muss die zuständige Staatsanwaltschaft - in dem Fall also die WKSta - prüfen, ob eine gerichtliche Beweisaufnahme durchgeführt werden soll. Weil in der Causa Berichtspflicht besteht, erstattete die Staatsanwaltschaft einen Informationsbericht. Dieser wurde ans Justizministerium geschickt und wird dort gerade geprüft. Ein ganz normaler Vorgang, wie man im Ministerium betont. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.

Die Frage, ob der Beschuldigte - in diesem Fall also Sebastian Kurz - ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft hat, ist nicht abschließend geklärt. Es gibt vereinzelte Judikatur der Oberlandesgerichte, wonach Beschuldigten kein subjektives Recht auf Durchführung einer gerichtlichen Beweisaufnahme zukommt.