Wer hat das Mädchen umgebracht?

Das ist Gegenstand polizeilicher Ermittlungen. Seit Mittwoch wird zusätzlich nach einer dritten Person gefahndet, die sich zum Tatzeitpunkt in der Wohnung aufgehalten haben soll. Dabei soll es sich ebenfalls um einen Afghanen handeln, der den Behörden namentlich bekannt, vorbestraft und flüchtig sein soll.

Wo befinden sich die anderen beiden Tatverdächtigen?

Ein 16- und ein 18-jähriger Afghane, sind am Mittwoch in die Justizanstalt Josefstadt überstellt worden. Zuvor wurden die beiden erneut einvernommen, allerdings bisher ohne neue Erkenntnisse. Laut Polizeisprecher Markus Dittrich schwieg der Jüngere. Der Ältere bestritt, etwas mit dem Mord zu tun zu haben.

Was ist über den Tathergang bekannt?

Vieles ist noch unklar. Der 18-jährige Tatverdächtige das Mädchen aus der Wohnung getragen und in einem nahe gelegenen Grünstreifen abgelegt haben. Ob es dabei noch am Leben und bewusstlos oder bereits tot war, ist noch offen. Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Mittwoch ein Obduktionsgutachten zur Abklärung der genauen Todesursache sowie ein toxikologisches und ein molekulargenetisches Gutachten in Auftrag gegeben.

Was weiß man über die Afghanen?

Der 16-jährige Afghane war am 7. April im Zuge der Familienzusammenführung eingereist und stellte einen Asylantrag. Seine Mutter und seine Schwester haben in Österreich bereits Asyl erhalten. Der junge Mann wurde zum Asylverfahren zugelassen - allerdings wurde aufgrund des ihm angelasteten Verbrechens jetzt ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet.

Der 18-Jährige befindet sich schon länger in Österreich. Er erhielt, 2016 subsidiären Schutz. Ab 2018 erfolgten insgesamt elf polizeiliche Anzeigen, unter anderem wegen Suchtgifthandels, gefährlicher Drohung und Raufhandels. 2018 wurde er erstmals verurteilt, er fasste zwei Monate bedingt aus. 2019 kassierte er nach dem Suchtmittelgesetz zehn Wochen bedingt. Im Vorjahr setzte es dann wegen räuberischen Diebstahls zehn Monate unbedingt - der 18-Jährige wurde jedoch bereits im August vorzeitig bedingt entlassen. Von der Wiener Kinder- und Jugendhilfe wurde er in unterschiedlichen Einrichtungen betreut. Er habe eine Pflichtschulabschluss gemacht und eine Kochlehre begonnen.

Warum wurde der straffällige Afghane nicht abgeschoben?

Aufgrund seiner Vorstrafen wurde gegen den Burschen im Juli 2019 ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erkannte ihm im Oktober desselben Jahren den subsidiären Schutz ab. Der Afghane berief dagegen beim Bundesverwaltungsgericht – das Verfahren dauert seit November 2019 bis heute an, weil sich dort die Fälle stauen. Was die Situation so widersprüchlich macht: Der subsidiäre Schutz war dem Afghanen ursprünglich zuerkannt worden, weil er minderjährig war und daher nicht abgeschoben werden durfte – wäre alles normal gelaufen, hätte das BFA seine Aufenthaltsberechtigung inzwischen noch einmal überprüft und, weil er inzwischen volljährig ist, wohl aufgehoben.
Das Verfahren gegen die Aberkennung vor dem Bundesverwaltungsgericht verhindert aber die neuerliche Prüfung durch das BFA. Im Innenministerium (das für das BFA zuständig ist) steht man auf dem Standpunkt, das Gericht hätte das Verfahren eigentlich binnen drei Monaten prüfen und entscheiden müssen.

Was ist über das tote Mädchen bekannt?

Die 13-Jährige besuchte eine Neue Mittelschule in Tulln. Die NÖ Kinder- und Jugendhilfe bestätigte, dass das Mädchen „an die Kinder- und Jugendhilfe angebunden und somit dieser bekannt war.“

Haben die Eltern der toten 13-Jährigen die Aufsichtspflicht verletzt?

Laut NÖ Jugendschutzgesetz dürfen sich Kinder unter 14 nur bis 23:00 Uhr an öffentlichen Orten aufhalten. Längeres Ausgehen ist also gesetzeswidrig. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilt Schuldzuweisungen an die Eltern. Wortmeldungen wie, dass die Eltern ihre Fürsorgepflicht nicht entsprechend wahrgenommen hätten, lehne er „zutiefst“ ab. Die steirische Kinder- und Jugendanwältin Denise Schiffrer-Barac kennt die Details in der Causa nicht, geht aber von einem tragischen Einzelfall aus, das keine gesamtgesellschaftlichen Rückschlüsse zulässt. Ob die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, müssen Kinder- und Jugendhilfe und die Staatsanwaltschaft beurteilen. „Es gibt hier keine klaren Regeln und das ist gut so, weil jedes Kind anders ist. Vieles hängt hier von Urteilsvermögen und Reife des Kindes ab“, betont Schiffrer-Barac. Wenn das Kind von Zuhause weggelaufen ist, müssen die Eltern eine Abgängigkeitsanzeige bei der Polizei machen. „Ansonsten können Eltern da wenig tun, man kann das Kind ja nicht einsperren“, sagt Schiffrer-Barac. „Und im Nachhinein ist man immer klüger.“

Welche politischen Folgen hat die Tat?

Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) lädt am Donnerstag Expertinnen und Experten aus den Bereichen Sicherheit, Frauen- und Jugendarbeit und Migration zum Runden Tisch ins Kanzleramt. Einen Schwerpunkt wolle sie auch auf schnellere Abschiebungen von straffällig gewordenen Flüchtlingen legen. Auch die FPÖ forderte eine restriktivere Abschiebepraxis. Asylwerber, die bereits straffällig geworden seien, müssten konsequent außer Landes gebracht werden, forderten Generalsekretär Michael Schnedlitz und die stellvertretende Klubobfrau im Parlament, Dagmar Belakowitsch am Mittwoch.

Schützenhöfer: "In Österreich muss erst etwas passieren, damit etwas passiert"

Im Interview mit der Kleinen Zeitung spricht der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer darüber, wie der Tod des 13-jährigen Mädchens ihn "traurig und fassungslos" mache. "In Österreich muss erst etwas passieren, damit etwas passiert. Nach dem Attentat in Wien hieß es, es werden Gesetze verschärft. Dann wird alles zerredet, anstatt darüber zu den reden, was gescheit ist und was nicht. Die Gesetze wurden nicht wirklich verschärft", so Schützenhöfer im Interview.