Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur am Wochenende missbrauchten und in Wien-Donaustadt tot aufgefundenen 13-Jährigen wird nach einem dritten Verdächtigen gefahndet, berichteten Medien Mittwochnachmittag übereinstimmend. Indes wurden weitere Details zum älteren der beiden inhaftierten Tatverdächtigen bekannt. Der 18-Jährige, der seit Sommer 2015 in Wien lebt, wurde von der Wiener Kinder- und Jugendhilfe in unterschiedlichen Einrichtungen betreut.

Der Verdächtige war über die Jahre in einem Krisenzentrum, einer Wohngemeinschaft, einer Einrichtung der Grundversorgung und im Betreuten Wohnen untergebracht, erfuhr die APA von der Mag Elf. "Die Betreuung wurde über seine Volljährigkeit im Rahmen von Hilfen für junge Erwachsene für weitere sechs Monate verlängert", teilte eine Sprecherin mit.

Er habe einen Pflichtschulabschluss gemacht und eine Kochlehre begonnen. Die Lehre habe der heute 18-Jährige aufgrund einer Erkrankung abgebrochen. Danach sei er bei der Inanspruchnahme von Bildungsmaßnahmen wie Kursen und Praktika sowie der weiteren Arbeitssuche unterstützt worden. "Zuletzt fand er eine Arbeitsstelle in der Gastronomie", hieß es.

Viele Betreuungsabläufe "gestalten sich sehr positiv und vielen jungen Flüchtlingen gelingt eine sehr gute Integration", wurde vom Magistrat betont. Jedoch sei die Wiener Kinder- und Jugendhilfe immer wieder auch mit Fällen konfrontiert, "in welchen ungünstige Betreuungsverläufe schwer beeinflusst werden können". Zum gegenständlichen Fall wurde festgehalten: "Wir analysieren unsere Arbeit laufend unter unterschiedlichen Gesichtspunkten und natürlich noch mal kritischer und intensiver, wenn solche dramatischen Fälle vorliegen." Eine Sprecherin drückte im Namen der Behörde Mitgefühl und Betroffenheit mit der Familie des Opfers aus.

Insgesamt werden derzeit 170 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vom Jugendamt betreut. Laut Fonds Soziales Wien leben in der Bundeshauptstadt aktuell 3110 Minderjährige in der Grundversorgung.

Aufsichtspflicht verletzt?

Auch die 13-Jährige war der Kinder- und Jugendhilfe (KJH) in Tulln bekannt und dürfte aus schwierigen Verhältnissen stammen. Aus Datenschutzgründen kann man dort aber keine näheren Angaben machen. Auch die steirische Kinder- und Jugendanwältin Denise Schiffrer-Barac kennt die Details in der Causa nicht, geht aber von einem tragischen Einzelfall aus, das keine gesamtgesellschaftlichen Rückschlüsse zulässt.

Ob die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, müssen KJH und die Staatsanwaltschaft beurteilen. "Es gibt hier keine klaren Regeln und das ist gut so, weil jedes Kind anders ist. Vieles hängt hier von Urteilsvermögen und Reife des Kindes ab", betont Schiffrer-Barac. Wenn das Kind von Zuhause weggelaufen ist, müssen die Eltern eine Abgängigkeitsanzeige bei der Polizei machen. "Ansonsten können Eltern da wenig tun, man kann das Kind ja nicht einsperren", sagt Schiffrer-Barac. "Und im Nachhinein ist man immer klüger."

Mit dem zweiten Festgenommenen (16) war die Kinder- und Jugendhilfe nicht befasst gewesen. Der mögliche dritte Beteiligte ist den Behörden namentlich bekannt, es soll sich ebenfalls um einen gebürtigen Afghanen handeln. Das deckt sich insoweit mit Informationen der APA, denen zufolge sich neben den bisher festgenommenen Tatverdächtigen - zwei Burschen aus Afghanistan im Alter von 16 und 18 Jahren - zumindest ein weiterer junger Mann in der Wohnung des 18-Jährigen aufgehalten haben dürfte, als die 13-Jährige dort Drogen verabreicht bekommen haben soll und anschließend missbraucht worden sein soll.

Seitens der Landespolizeidirektion wurde die laufenden Fahndungsmaßnahmen nicht bestätigt. "Ich kann das weder bestätigen noch dementieren", meinte ein Sprecher am Mittwochnachmittag. Grundsätzlich könnten weitere Tatbeteiligte "im derzeitigen Ermittlungsstand nicht ausgeschlossen werden".

In Justizanstalt Josefstadt überstellt

Unterdessen wurden die beiden am Montag Festgenommenen nach einer weiteren polizeilichen Einvernahme am Mittwoch in die Justizanstalt (JA) Josefstadt überstellt. Die Verdächtigen werden im Verlauf des Nachmittags Zellen in der Jugendabteilung der JA beziehen. Ab diesem Zeitpunkt hat die Anklagebehörde 48 Stunden Zeit, um U-Haft-Anträge beim Landesgericht einzubringen. Die Staatsanwaltschaft hat auch bereits die Einholung mehrerer Fachgutachten - darunter ein Obduktionsgutachten zur Abklärung der genauen Todesursache sowie ein toxikologisches und ein molekulargenetisches Gutachten - in Auftrag gegeben.

Zur Person des 16-Jährigen waren zuvor Details bekannt geworden. Der junge Afghane befindet sich erst seit knapp drei Monaten in Österreich, er war am 7. April eingereist und stellte in weiterer Folge einen Asylantrag. Seine Mutter und seine Schwester halten sich bereits länger in Österreich auf, beide haben 2020 Asyl bekommen. Der 16-Jährige wurde zum Asylverfahren zugelassen - allerdings wurde nach Informationen der APA aufgrund des ihm nunmehr angelasteten Verbrechens ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet.

Die Verdächtigen haben in den Einvernahmen bisher nicht zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Laut Polizeisprecher Markus Dittrich schwieg der Jüngere bisher, während der Ältere bestritt, etwas mit der Tötung des Mädchens zu tun zu haben.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl hatten am Montag Details zu den Ermittlungen rund um den Tod der 13-Jährigen bekannt gemacht. Das Mädchen kannte demnach die beiden Verdächtigen und hatte sie freiwillig in die Wohnung des 18-Jährigen in Wien-Donaustadt begleitet. Dort wurden ihr Pürstl zufolge Drogen - vermutlich Ecstasy - verabreicht, es hätten "Straftaten gegen die sexuelle Integrität" des Mädchens stattgefunden. Die näheren Umstände ihres Todes und wie die 13-Jährige auf die Straße kam, sind weiterhin unklar.