Detaillierte Befragungen, besonnene Prozessführung und eine Aktenkenntnis, die sogar ihren schärfsten Kritikern unter den Verteidigern Anerkennung und Respekt abgerungen hat: Richterin Marion Hohenecker, die den Vorsitz im Jahrhundertprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 13 weitere Angeklagte innehatte, hat sich in den drei Jahren Verfahrensdauer den Ruf einer umsichtigen und stets vorbereiteten Verfahrensführerin erarbeitet.

Dabei verlief der Prozessstart im Dezember 2017 eher holprig. Die Verteidiger von Grasser und dem Zweitangeklagten Walter Meischberger deckten Hohenecker mit Befangenheitsanträgen ein, weil sich ihr Ehemann – ebenfalls Richter – vor Prozessbeginn via Twitter abfällig über Grasser geäußert hatte. Es entspreche aber nicht dem Zeitgeist, einer Richterin die Meinung ihres Ehemannes umzuhängen, lautete die trockene Begründung Hoheneckers, als sie die gegen sie eingebrachten Anträge niederschmetterte. Zwischenrufe der Verteidiger oder Murmeln in den Zuschauerreihen wurden von „Frau Rat“ im gesamten Verfahren stets umgehend mit strengen Ermahnungen quittiert.

Beim Hochzeitsdatum korrigiert

Dennoch sorgte die in Wolfsberg geborene Kärntnerin immer wieder für kurze Erheiterung im Saal, unter anderem, als sie Grasser bei einer Befragung korrigierte, als sich dieser in seinem Hochzeitsdatum geirrt hatte. Ihre genaue Verfahrensführung hatte sich übrigens schon in den Jahren zuvor bezahlt gemacht. Ihre Verurteilungen von Angeklagten aus Wirtschaft und Politik hielten einer Prüfung durch die Oberinstanz stand.

Die Richterin, die ihre Karriere bei der Staatsanwaltschaft begonnen hatte, gilt als extrem medienscheu, aber auch in den Verhandlungen ließ sie sich drei Jahre lang nicht in die Karten blicken. Wohl auch deshalb war für die Verteidiger vollkommen offen, wie der Schöffensenat unter Hoheneckers Vorsitz entscheiden wird.

Zwei Stunden und 37 Minuten

168 Verhandlungstage hielt sie das Zepter im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts fest in der Hand, und auch am Freitag bei der Urteilsverkündung im Grasser-Prozess ließ sie an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Um 10:35 Uhr, unmittelbar nach Beginn ihres fast zweieinhalbstündigen Monologs, stellte sie klar: Es gibt mehrere Schuldsprüche, um später dann das durchaus hohe Strafmaß zu verkünden.

Stoisch ratterte sie zwei Stunden und 37 Minuten lang Paragraphen und Begründungen herunter. Zum Schluss ihres Monologs kurz nach 13.00 Uhr ging Hohenecker noch auf die Länge der Ermittlungen und des Prozesses ein - der erste Prozesstag war der 12. Dezember 2017. "Längere Phasen behördlicher Inaktivität lagen nicht vor", so die Richterin.

Das Ermittlungsverfahren habe zwar sieben Jahre lang gedauert, das sei aber auch den weit über hundert Zeugen geschuldet, sie sich zum Teil im Ausland befunden hätten. Auch seien viele Ermittlungsschritte und Amtshilfen im Ausland und aus dem Ausland nötig gewesen. Verstöße gegen die europäische Menschenrechtskonvention - wie von Grasser und Meischberger öfters beklagt - habe es keine gegeben. Trotzdem habe die Verfahrenslänge mildernd Eingang ins Urteil gefunden.

Um 13:12 Uhr schloss Hohenecker das Korruptionsverfahren in erster Instanz.