Die SPÖ hat sich nach der Schlappe bei der Nationalratswahl einen Erneuerungsprozess verordnet. Dabei setzt Parteichefin Pamela Rendi-Wagner ganz offensichtlich auf die Frauen. Alle drei Leiter der Zukunftslabors sind weiblich: Maria Maltschnig, ehemalige Kabinettschefin von Christian Kern und Leiterin des Renner-Instituts leitet den Arbeitsbereich Wirtschaft, Ex-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid das Zukunftslabor Wissenschaft und Forschung, Gewerkschafts-Frontfrau Barbara Teiber die inhaltliche Arbeit zu Sozial- und Arbeitsfragen.

Nicht dabei bei diesen ersten drei Schwerpunktsetzungen sind die Themen Migration und Innere Sicherheit. Auf die Frage im ORF-Morgenjournal, ob die SPÖ es aufgegeben habe, Stimmen aus dem freiheitlichen Lager zurückzuholen, antwortete Maria Maltschnig, dass es natürlich "nicht nur" um urbane und liberale Themen gehen könne.

Begegnung und Vielfalt

Einige junge Parteimitglieder starteten nun von sich aus die "Initiative Sozialdemokratische Vielfalt" (SoVie), die sich auf andere Weise dem Thema Integration nähert. Die Initiative setzt sich dafür ein, dass Minderheiten stärker repräsentiert werden.  Mit dabei der Grazer Mustafa Durmus, der bereits bemerkenswerte Initiativen der Begegnung im Grazer Multi-Kulti-Viertel in Lend gestartet hat.  Die jungen Aktiven, darunter auch junge Muslima, die für Integration in Brennpunkt-Vierteln kämpfen und diese selbst leben, sind der Ansicht, dass sie Sozialdemokratie erneuert werden muss. Wobei Diversität "auf allen Ebenen" und nicht nur in Bezug auf den Migrationshintergrund gemeint ist, wie SoVie-Vorsitzender Durmus im Gespräch mit dem "Standard" sagt.

Parallele Strukturen zur SPÖ will die Initiative nicht aufbauen, stattdessen sollen Anliegen für mehr Vielfalt in den bestehenden Gremien wirkungsvoller verankert werden. Es sei aber ein Ziel, als SPÖ-Vorfeldorganisation anerkannt zu werden.

Mitarbeiter per Los ausgewählt

Die "Zukunftslabors" sollen an der "großen sozialdemokratischen Erzählung des 21. Jahrhunderts" schreiben, wie es  Maria Maltschnig formuliert. Ein Ankerpunkt wird eine Konferenz im Renner-Institut sein, wo sozialdemokratische Funktionäre, "public intellectuals" und per Los ausgewählte Parteimitglieder zusammenkommen und offen diskutieren. Die Mitglieder per Los auszuwählen, habe sich "schon bei der Arbeit am Grundsatzprogramm bewährt", sagte die Vorsitzende des Renner-Instituts in einem Interview mit dem "Kurier".

Die Erfahrenen in der SPÖ sind im Moment sehr leise. Es sind die Jungen, die ihre Stimme erheben, die sich im Zuge des Erneuerungsprozesses an den alten, offenbar nicht mehr attraktiven Strukturen reiben. Eine der lautesten ist Julia Herr, gleichzeitig eine der wenigen echten Hoffnungsträgerinnen der Partei.

Julia Herr: Ein "interessanter Unruheherd"
Julia Herr: Ein "interessanter Unruheherd" © Kleine Zeitung

Urgestein Bruno Aigner, in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat und an der Seite von Ex-Bundespräsident Heinz Fischer lange Jahre aktiver Beobachter der Politik, sagt im Gespräch mit der "Presse", er sehe wenige Intellektuelle oder junge Menschen, die von außen andocken wollten an die SPÖ, die sich für die SPÖ engagierten. "Ich sehe nur Resignation. Das ist fad." Herr sei eine Ausnahme. "Sie könnte ein Kevin Kühnert werden", sei ein interessanter Unruheherd".