Herr Loacker, Sie haben die Forderungen der Senioren vorab kritisiert. Wie sehen Sie das Ergebnis des Gipfels?

Gerald Loacker: Mehr als die Hälfte der Pensionisten, über 1,1 Millionen Personen, bekommen die vollen 3,6 Prozent Erhöhung. Auf ihre kleinen Pensionen angewiesen sind aber nur rund 200.000 Bezieher einer Ausgleichszulage. Hier wird mit der Gießkanne verteilt. Völlig außer Acht bleiben die Zahler im System: Die kollektivvertraglichen Erhöhungen für die Erwerbstätigen liegen durchwegs unter 3,6 Prozent. Die Balance zwischen Beitragszahlern und Pensionsempfängern fehlt völlig.

Ist es denn nicht gerecht, wenn Pensionisten mehr als die Inflation bekommen? Sie zahlen ja auch mehr Steuern, wenn erhöht wird.

Dass die ÖVP/FPÖ-Regierung verabsäumt hat, die kalte Progression abzuschaffen, darf man nicht über das Pensionssystem korrigieren. Von der hohen Steuerlast in Österreich sind alle Bürger gleichermaßen betroffen.

Um wie viel sollten denn die Pensionen Ihrer Meinung nach erhöht werden?

Das Gesetz sieht eine Erhöhung um die Inflation, also 1,8 Prozent vor. So wäre das richtig.

Dieser Anpassungsmechanismus ist seit 15 Jahren kein einziges Mal angewendet worden.

Österreich hat sich entschieden, schon ab Pensionseintritt relativ hohe Pensionen zu zahlen und diese dafür nur mit der Inflationsrate steigen zu lassen. Die Deutschen zahlen niedrigere Pensionen, erhöhen die dafür stärker. Ein Umstieg auf das deutsche System würde Pensionisten massive Einbußen bringen. Das will ich nicht.

Wie soll das System dann jemals funktionieren?

Die einfachste Lösung wäre, wenn sich die Politik heraushält. Das System der jährlichen Erhöhung funktioniert von selbst. Unser Pensionssystem hat viele Schwachstellen, der Erhöhungsmechanismus gehört nicht dazu.