Die CSU mit ihrer Doppelspitze aus Ministerpräsident Markus Söder und Parteichef Horst Seehofer muss nach allen Umfragen heute mit dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit rechnen, so wie schon bei der Wahl 2008. Die Partei wird sich dann voraussichtlich einen oder mehrere Koalitionspartner suchen müssen. Ihre bundespolitische Position wäre damit geschwächt - ob sie dann kompromissbereiter agieren oder gar, wie viele glauben, noch lautstärker auftreten würde als bisher schon, ist ungewiss. Auf Rang zwei könnten nach den Umfragen erstmals in Bayerns Geschichte die Grünen landen, die damit auch bundespolitisch weiter an Gewicht gewinnen würden.

Offen ist aber auch, wie viele Parteien künftig im Landtag vertreten sein werden - möglicherweise bis zu sieben. Neben der SPD und den Freien Wählern dürfte auch die rechtspopulistische AfD sicher einziehen. Bangen müssen dagegen FDP und Linke - wobei die FDP in jüngsten Umfragen meist knapp über der Fünf-Prozent-Hürde lag und die Linke in der Regel knapp darunter.

"Seehofer hat nur eine Chance ..."

Aus Sicht des Berliner Politikwissenschaftlers Oskar Niedermayer würde ein Einbruch der CSU vor allem Konsequenzen für Parteichef Horst Seehofer nach sich ziehen. "Seehofer hat nur eine Chance, die Wahl unbeschadet zu überstehen, wenn die CSU deutlich besser abschneiden würde als es die momentanen Umfragen nahelegen", sagte er dem "Handelsblatt". Die Partei habe sich zunehmend von ihrem Vorsitzenden entfremdet und werde die Schuld für eine Niederlage bei ihm suchen. Allerdings rechne er nicht damit, dass Seehofer das Feld kampflos räumen werde.

Die letzte Umfrage vor der Wahl, ein ZDF-"Politbarometer" vom Donnerstag, hatte die CSU bei 34 Prozent gesehen. Auf Rang zwei kamen die Grünen mit 19 Prozent, gefolgt von der SPD mit 12, den Freien Wählern und der AfD mit jeweils 10 Prozent sowie der FDP mit 5,5 und der Linkspartei mit 4 Prozent.

In Umfragen war zuletzt aber noch jeder Zweite in dem deutschen Bundesland unsicher, ob und wen er wählen soll.

Letzte Wahlkampfauftritte am Samstag

Am Tag vor der Landtagswahl in Bayern haben die Parteien noch einmal kräftig um Stimmen geworben. Auf Marktplätzen, in Fußgängerzonen und im Internet riefen sie vor allem die noch zahlreichen Unentschlossenen zur Stimmabgabe auf.

Für die CSU machte sich nach seinem Auftritt beim Wahlkampfabschluss am Freitag erneut Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stark. "Ich kenne und schätze Markus Söder, und die CSU ist unsere Schwesterpartei", sagte er am Samstag in einer Videobotschaft über Twitter mit Blick auf den Spitzenkandidaten und bayerischen Ministerpräsidenten. "Ich darf Euch und Sie daher alle einladen, an der Wahl teilzunehmen, Ihre Stimme abzugeben und für Stabilität und ein erfolgreiches Bayern zu wählen."

Die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten, Natascha Kohnen, besuchte am Samstag in gleich vier bayerischen Städten Info-Stände ihrer Partei, darunter in Kitzingen, Erlangen und Ingolstadt.

Auch die grünen Spitzenkandidaten mischten sich unters Volk. Ludwig Hartmann schüttelte Hände unter anderem in Neumarkt in der Oberpfalz. Katharina Schulze plante Auftritte in Bayreuth, Schweinfurt und Auchach-Friedberg.

Die AfD-Bundesvorsitzende Alice Weidel kam am Samstag zur Unterstützung der Landespartei in den Landkreis Erding.

Nicht nur die CSU, auch die SPD hatte Parteimitglieder und potenzielle Wähler schon am Freitag auf den letzten großen Kundgebungen auf die Wahl eingestimmt.