US-Präsident Donald Trump hat der Nato nach Angaben von Diplomaten offen mit einem amerikanischen Alleingang in Verteidigungsfragen gedroht. Wenn die Bündnispartner nicht sofort zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgäben, würden die Amerikaner ihr eigenes Ding machen, sagte Trump demnach am Donnerstag beim Gipfeltreffen in Brüssel, wie die Deutsche Presse-Agentur aus mehreren Quellen erfuhr.

Bei dem Treffen geht es um die Zukunft des Bündnisses, insbesondere um die Finanzen. Trump hatte schon im Vorfeld mehrfach heftig das aus seiner Sicht ungenügende Engagement der europäischen Partner an den Pranger gestellt. Eine Sondersitzung des NATO-Gipfels wurde angesetzt.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hat die Beratungen in der NATO über die Lastenteilung als "sehr ernste Diskussion" bezeichnet. Ob Trump mit einem Austritt aus dem Bündnis gedroht hat, sagte sie nicht eindeutig. Auf eine entsprechende Frage antwortete sie: "Ich kann nur zusammenfassen, was das Ergebnis ist: Klares Bekenntnis aller zur NATO und eine deutliche Bereitschaft aller, angesichts veränderter Sicherheitslagen einen Beitrag zu leisten."

Trump habe gefordert, dass die Lastenteilung sich verändern müsse, berichtete die Kanzlerin. "Ich habe für mich deutlich gemacht, andere haben das auch deutlich gemacht, dass wir auf diesem Weg sind."

Später wiegelte Trump wieder ab: Die Vereinigten Staaten blieben dem Bündnis sehr stark verpflichtet, sagte er bei einer Pressekonferenz nach der Krisensitzung.  Er sprach auch von "enormem Fortschritt" bei NATO-Rüstungsausgaben. Und: "Ich habe große Achtung vor Deutschland", sein Vater komme aus Deutschland, seine Eltern kämen aus Europa.

Keine Militärübungen im Baltikum?

Dann folgte Trumps nächster Knalleffekt, und zwar mit Blick auf das bevorstehende Treffen mit Wladimir Putin in Helsinki: Er wolle seinen russischen Amtskollegen als "Freund" haben. Das Treffen mit dem Kreml-Chef am kommenden Montag "könnte das einfachste von allen auf meiner Europareise sein", so Trump. Er könnte mit Putin auch über ein Ende der US-Militärübungen zum Schutz der NATO-Partner im Baltikum sprechen, räumte er ein.

Trump äußerte sich hoffnungsfroh, was den Gipfel am Montag betrifft. Putin sei nicht sein Feind, er sei sein Konkurrent und werde hoffentlich eines Tages ein Freund sein, so der US-Präsident. Er kündigte an, dass er mit dem Kreml-Chef über Syrien, die Ukraine, und auch die Einmischung in die US-Wahlen, aber auch über Rüstungskontrolle sprechen werde. Ultimatives Ziel mit Putin wäre, dass es keine Atomwaffen und keine Konflikte mehr auf der Welt gebe.

Bei Krim ist alles offen

Zum Thema Krim-Halbinsel legt sich Trump nicht darauf fest, ob die USA die russische Annexion der Krim anerkennen. Wie es mit der Krim weitergehe, könne er nicht sagen. Die Annexion der Schwarzmeerhalbinsel 2014 sei während der Präsidentschaft seines Vorgängers Barack Obama geschehen. Er hätte dies nicht zugelassen, und er sei "nicht glücklich" darüber, meinte Trump. "Was von diesem Punkt an passiert, kann ich nicht sagen", fügte er hinzu.

Trump will am Montag den russischen Präsidenten Putin in der finnischen Hauptstadt Helsinki treffen. In den USA wird befürchtet, dass er zu große Zugeständnisse an den Kreml machen könnte. Explizit brachte er ein Ende der US-Militärübungen im Baltikum ins Spiel, die angesichts der russischen Aggression in der Ukraine zum Schutz der NATO-Partner Estland, Lettland und Litauen intensiviert worden waren.