Auf meterhohen Bannern wird man ab heute auf die verschärften Coronamaßnahmen in Wien aufmerksam gemacht. “Hier gilt die FFP2-Maskenpflicht im Freien”, ist auf Plakaten, getragen von stattlichen Betonsockeln, zu lesen. Eines davon befindet sich direkt vor dem Stephansdom. Es ist nicht zu übersehen, wenn man aus der U-Bahn-Station Stephansplatz kommend auf den Dom zugeht.

Der Platz um das Wiener Wahrzeichen in der City ist einer von fünf Orten, an denen zusätzlich zu verschärften Lockdown-Regeln ab sofort in der Bundeshauptstadt eine FFP2-Maskenpflicht gilt. Auch am Schwedenplatz, dem Karlsplatz inklusive Resselpark, dem Maria-Theresien-Platz beim Museumsquartier und am Donaukanal ist das der Fall. 

Von dichtem Gedränge kann am Stephansplatz zu Mittag trotz sonnigen Wetters und über 20 Grad keine Rede sein. Vielen, die hier unterwegs sind, ist die vorgeschriebene Maskierung offensichtlich noch nicht bewusst. Einige tragen ihren FFP2-Schutz ums Handgelenk, setzen ihn aber auf, wenn sie die Rolltreppe zur U-Bahn-Station betreten. Jene, die nur schnell den Platz überqueren, verzichten auf eine kurzzeitige Maskierung. Ab der Kärntner Straße bzw. der Rotenturmstraße müssen sie Mund und Nase ohnehin nicht mehr bedecken. 

Polizei: Anzeige nur bei konsequenter Masken-Verweigerung

Die Wiener Polizei werde gemeinsam mit dem Büro für Sofortmaßnahmen die Einhaltung der Maßnahmen in Schwerpunktkontrollen überwachen, kündigte die Stadt an. Neben dem normalen Streifendienst werden zusätzliche Beamte für die Überprüfung abgestellt, so ein Sprecher der Landespolizeidirektion Wien auf Nachfrage der Kleinen Zeitung. Die genaue Zahl bleibe geheim, an den betroffenen Plätzen seien Kontrollen aber gut durchführbar. 

Hart durchgreifen will man nicht. "Gerade bei einer so neuen Verordnung setzen wir, wie sonst auch, besonders auf Aufklärung und Dialog. Es hat ja auch keinen Sinn, einen Passanten abzustrafen, der ohne Maske den Stephansplatz quert." Aber die Dialogbereitschaft der Beamten hat seine Grenzen. "Wenn jemand konsequent Masken verweigert oder wenig später wieder ohne angetroffen wird, dann müssen die Betroffenen mit einer Anzeige rechnen." 

Am Donnerstagmittag war die Exekutive kaum zu sehen. Auch nicht am Schwedenplatz, wo sich Kebap- und Würstelstände trotz “Osterruhe” über ein paar Kunden freuen durften. “Natürlich ist es unangenehm, aber was soll man machen? Dann tragen wir halt eine Maske”, sagt Christian, der sich seinen Hunger von den neuen Regeln nicht verderben lässt.

Sein Würstel muss er nicht durch die Maske konsumieren. Laut Verordnung darf man sie für das Konsumieren von Speisen und Getränken abnehmen. Dass dennoch viele Menschen am Schwedenplatz ohne Maske unterwegs sind, fällt auch ihm auf: “Die einen halten sich dran, die anderen nicht. Man sieht eben, dass nicht das Virus das Problem ist, sondern das Verhalten der Menschen.”

"Maske, Leute! Maske!"

Wenige Meter weiter ist es auch am Donaukanal noch relativ ruhig. Prall gefüllte Mistkübel und Getränkecontainer zeugen allerdings von einem feuchtfröhlichen Vorabend. Am Mittag danach gehört der Donaukanal den Läufern und Radfahrern.

Ein älterer Herr, der mit Maske Richtung Marienbrücke radelt, schreckt nicht davor zurück, das Einhalten der Regeln von Fußgängern einzufordern. “Maske, Leute! Maske!”, schreit er zwei Mädchen an, die in die andere Richtung unterwegs sind. “Oida, wir sind Geschwister!”, antwortet eine. “Is jo wurscht, auffe damit!”, kontert der Herr, bevor er zu weit weg ist, um noch eine Antwort der Mädchen hören zu können.

Zwischen Augarten- und Salztorbrücke hat die Stadt Wien erst vergangenen Oktober sogenannte “Schwimmende Gärten” eröffnet, die zum Verweilen einladen sollen. Eine Frau sonnt sich hier im Bikini, zwei Burschen spielen Gitarre. Maske trägt keiner. Auch Tom und Anna – beide Mitte Zwanzig – nicht, die sich in der Sonne einen Kaffee gönnen. Sie erzählen, sich grundsätzlich an die Regeln zu halten. “Ich habe es aber ehrlich vergessen”, sagt Anna.

Kaum Schilder am Donaukanal

Am Donaukanal selbst ist die Maskenpflicht tatsächlich spärlicher ausgeschildert als an anderen Orten, obwohl die Bevölkerung augenscheinlich besonders hier darauf hingewiesen werden müsste. “Man muss das den Leuten erst einmal ins Gedächtnis rufen. Ich finde nicht, dass es gut genug angeschrieben ist.Wenn hier ein Schild wäre, hätte ich sofort eine Maske aufgesetzt”, sagt Anna. Sie ist sich auch nicht sicher, ob die Maskenpflicht im Freien wirklich etwas bringt: “Entweder es verlagern sich Treffen dadurch in Parks oder es wird sich keiner daran halten.” Sie selbst wird künftig woanders die Sonne genießen, aber nicht dort, wo sich viele Menschen aufhalten.

Auf der anderen Seite des Kanals hat Pensionist Wolfgang seine Angel ausgeworfen. Seit Montag holt er Karpfen, Barben, Hechte und Zander aus dem Wasser. Am Donnerstag sei die Polizei bis zu Mittag lediglich einmal vorbeigekommen, erzählt er: “Sie haben die Leute nur ermahnt. Ich trag die Maske eh’, aber wenn sie weg sind, geb ich sie runter. In der Sunn hält das ja sonst ka Mensch aus.”

Am Mittwoch habe die Exekutive noch alles durchgehen lassen, ärgert er sich: “Wein, Bier, Schnaps – da war Halligalli. Alle 50 Zentimeter sind die Leut' gesessen. Das war ein Horror.” Am Abend hofft er auf stärkere Kontrollen. Von seinem Hobby wird sich Wolfgang jedenfalls nicht abbringen lassen: “Hauptsach’ man is an der frischen Luft.”