Vollzeitarbeit stärken, Teilzeitarbeit weniger attraktiv machen – mit diesem aktuell stark diskutierten politischen Ansatz, der helfen soll, dem Arbeitskräftemangel gegenzusteuern, wird der Fokus immer wieder auf die Vorteile der Teilzeitarbeit gerichtet: mehr Freizeit, mehr Zeit für die Familie. "Es ist aber gar nicht nötig, die Teilzeitarbeit weniger attraktiv zu machen, sie ist unattraktiv", sagt dazu die AK-Expertin Bernadette Pöcheim, die es in der Beratungspraxis oft mit der "Teilzeitfalle" zu tun hat.

"Weniger Gehalt, oft schlechtere Karrieremöglichkeiten und weniger Aus- und Weiterbildungschancen, häufig eine höhere Arbeitsbelastung sowie mangelnde soziale Absicherung bei Krankheit und Arbeitslosigkeit – und vor allem in der Pension", schildert sie die Realität vorrangig weiblicher Arbeitskräfte. Teilzeitarbeit ist nämlich ein Frauenphänomen. Aktuell arbeitet in Österreich jede zweite Frau, aber nur jeder achte Mann Teilzeit, also weniger als die gesetzliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden bzw. kürzer als die Normalarbeitszeit, die der Kollektivvertrag vorsieht.

Grund für die hohe Teilzeitquote bei Frauen ist, wie Pöcheim betont, die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen – "bei den Männern ist es die Fortbildung". Was Pöcheim in den Beratungen außerdem immer wieder zu hören bekommt: Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bieten ausschließlich Teilzeitarbeit an, weil die Dienstplanerstellung dadurch leichter ist. Und fällt eine Teilzeitkraft aus, ist es leichter, 20 Stunden durch eine andere Arbeitskraft zu ersetzen als 40 Stunden. "Zudem hat man bei Ausfällen noch andere Teilzeitkräfte, die dann Mehrstunden machen – und erspart sich die teuren Überstundenzuschläge."

Was ebenfalls gegen die Freiwilligkeit bei der Wahl von Kurzarbeit spricht: "In vielen Gemeinden fehlt ein Kinderbetreuungsangebot, das beiden Elternteilen erlaubt, acht Stunden täglich zu arbeiten." Dass die Strukturen in Österreich auch in der Pflege familien- und damit frauenlastig sind, ist unbestritten. Lesen Sie hier über die Einkommenskluft zwischen den Geschlechtern.

Ungleicher Stundensatz

Derzeit darf es keine Benachteiligung für Teilzeitarbeitende gegenüber Vollerwerbstätigen geben. Bei einer Teilzeitanstellung muss man anteilig genauso viel verdienen wie bei einer Vollzeitbeschäftigung. "Studien zeigen jedoch, dass Teilzeitkräfte im Schnitt um etwa 24 Prozent pro Stunde weniger verdienen", erklärt Pöcheim. Was dagegen helfen könnte? "Beschäftigte müssten untereinander öfter über Löhne sprechen."

Teilzeitarbeit bedeutet oft auch schlechtere Karrieremöglichkeiten. "Führungspositionen werden oft nur in Vollzeit angeboten, auch bei Beförderungen und Gehaltserhöhungen werden Teilzeitmitarbeiterinnen und -mitarbeiter oft übersehen, obwohl dies rechtlich nicht zulässig ist", sagt die AK-Expertin.

Pension und Altersarmut

Besonders drastisch wirken die Nachteile von Teilzeitarbeit in der Pension. "Halber Lohn heißt auch halbe Pension", bringt es Pöcheim auf den Punkt. Konkret rechnet sie vor: "Ein Monatseinkommen von 1000 Euro für Teilzeitarbeit ergibt nach 45 Jahren eine monatliche Pension von 801 Euro. Bei 2000 Euro monatlich für Vollerwerbsarbeit kommt man nach 45 Jahren auf eine monatliche Pension von 1602 Euro."

Wer Teilzeit arbeitet, muss wissen: Unser Sozialsystem ist erwerbszentriert. Das Einkommen stellt die Basis für die soziale Absicherung im Alter, aber auch bei Krankheit und Arbeitslosigkeit dar.
Das Arbeitslosengeld beträgt 55 Prozent des Nettoeinkommens. Weniger Einkommen heißt in der Folge auch weniger Arbeitslosengeld. "In der Arbeitslosenversicherung gibt es keinen Mindestbetrag. Hat jemand ein Nettoeinkommen von 1000 Euro, beträgt das Arbeitslosengeld 550 Euro", warnt Pöcheim.

Tücken der Geringfügigkeit

Eine Sonderform der Teilzeitarbeit ist die geringfügige Beschäftigung. Davon spricht man, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer maximal 500,91 Euro pro Monat (das ist der Wert für 2023) verdient. Bis zu diesem Betrag zahlt man keine Sozialversicherungsbeiträge, man ist nur unfallversichert. Was auf den ersten Blick eine Ersparnis ist, hat auf den zweiten Blick aber gravierende Nachteile. "Diese Grenze zu überschreiten, zahlt sich immer aus – weil man mit dem höheren Wert kranken-, pensions- und arbeitslosenversichert ist", sagt Pöcheim.

Neue AK-Studie

Der aktuelle Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich zeigt: Viele Teilzeitbeschäftigte wollen mehr Stunden arbeiten. Unter Frauen in Teilzeit sind es rund drei von zehn. Bei Männern in Teilzeit äußern sogar 37 Prozent diesen Wunsch. Auf der anderen Seite wollen aber viele Vollzeitbeschäftigte Stunden reduzieren. Unter vollzeitbeschäftigten Frauen tun dies fast vierzig Prozent, bei den Männern dreißig Prozent.

"Hier schlummert viel Potenzial für eine fairere Verteilung der Arbeitszeit zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften", heißt es seitens der AK. Die Frauen, die gerne mehr arbeiten würden, hätten aktuell im Schnitt eine Wochenarbeitszeit von 27 Stunden und würden gerne sieben Stunden mehr arbeiten. Männer mit Wunsch nach einer Arbeitszeitverkürzung würden dies im Schnitt von 39 auf 32 Wochenstunden tun.