In den nächsten zehn Jahren wird die österreichische Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren um mehr als 200.000 Menschen schrumpfen. Die letzten starken Geburtenjahrgänge vor dem „Pillenknick“ gehen in Pension, es kommen nur weit weniger junge Menschen nach. Während jetzt, grob gesprochen, 5,5 Millionen Menschen in diesem Haupterwerbsalter sind, werden es 2033 nur noch 5,2 Millionen sein.
Das für sich wäre schon gesellschaftliche Herausforderung genug. Dazu kommt aber noch, dass die Bevölkerung insgesamt kontinuierlich wächst und altert, was beispielsweise im Gesundheits- und Pflegebereich eher mehr als weniger Arbeitskraft benötigen wird.

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Statistiken wie diese bereiten jedem Kopfschmerzen, der sich fragt, wer die Leistung bringen soll, die Österreich zu einem der lebenswertesten Staaten der Erde macht. Einer davon ist Arbeitsminister Martin Kocher: Der Ökonom philosophierte jüngst, wie man Vollzeitarbeit attraktiver macht, und erklärt, „es wird wenig unterschieden bei Sozial- und Familienleistungen, ob jemand 20 oder 38 Stunden arbeitet“. Und: „Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten, gibt es weniger Grund, Sozialleistungen zu zahlen“.

Was der Minister genau gemeint hat, kann er selbst auch auf Nachfrage nicht so genau erklären: Pensionen und Arbeitslosengeld orientieren sich am (bei Teilzeit niedrigeren) Gehalt, Familienbeihilfe bekommt jedes Kind unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern.

Der Ausgangspunkt der Überlegungen ist klar: Je mehr Arbeitnehmer Voll- statt Teilzeit arbeiten, desto weniger hart der Aufprall durch den Arbeitskräftemangel. Hier Sanktionen für Teilzeitkräfte zu setzen, wäre aber falsch: Abgesehen von dem Verwaltungsaufwand, um festzustellen, ob jemand jetzt „freiwillig“ in Teilzeit ist, oder weil er Kinder oder die Schwiegermutter betreut, bleibt die Frage (s. o.), welche Leistungen man kürzen wollte.

Aber auch wenn man Teilzeitarbeit nicht strafen sollte, ist fraglich, ob man sie fördern soll. Genau das tut Österreich derzeit: etwa dadurch, dass man bis 11.693 Euro Jahreseinkommen gar keine Steuer zahlt, was eine relativ hohe Freigrenze ist.

Zuerst gehört aber der Hauptgrund für Teilzeit angegangen: Noch immer hinkt Österreich seinen Zielen und dem westeuropäischen Standard beim Kinderbetreuungsangebot hinterher. Dabei ist dessen Ausbau eine Erfolgsgeschichte, die hinter der steigenden Teilzeitquote zu verschwinden droht: Erst der Ausbau von Kindergärten & Co ermöglichte vielen Frauen, überhaupt arbeiten zu gehen – wenn auch nur in Teilzeit. Dieser Weg gehört weiter verfolgt, bis hin zu Reformen im Schulsystem, wo Erfolge der Kinder noch immer zu stark davon abhängen, ob daheim wer mit ihnen lernt.

Zuletzt: Der Staat wird das Arbeitskraft-Dilemma nicht allein lösen können. Unternehmen, die Vollzeitkräfte brauchen, werden mehr Flexibilität lernen müssen, und wir als Gesellschaft, dass arbeitende Eltern die Norm werden.