Schon als Kinder lernen wir, was real ist und was nicht. Dadurch entwickelt sich bereits früh ein Gefühl dafür, was der allgemeinen Übereinkunft nach der Wirklichkeit entspricht. Menschen, die an Schizophrenie leiden, erleben meist eine eigene, individuelle Realität, die nicht dem gleicht, was die Gesellschaft als „normal“ einstuft. Doch was führt eigentlich zu dieser psychischen Erkrankung?


Psychiaterin Alexandra Krammer erklärt: „Schizophrenie ist prinzipiell genetisch veranlagt. Das heißt aber nicht, dass die Krankheit auch bei jedem, der diese genetischen Voraussetzungen hat, ausbricht. Bemerkbar macht sich Schizophrenie meist im jungen Erwachsenenalter. Dauerstress, extremer akuter Stress oder Lebensumbrüche sind oft der Auslöser. „Bevor das eigentliche Krankheitsbild bemerkbar ist, kommt es zu einer sogenannten Prodromalphase“, sagt die Expertin.


In dieser Zeit sind die Symptome ganz diskret und werden wegen ihrer Ähnlichkeit oft fälschlicherweise als Anzeichen einer Depression interpretiert. Die Betroffenen leiden an starken Schlafstörungen, ziehen sich sozial zurück und beginnen, sich häufig intensiv mit bizarren Themen zu beschäftigen. Wird die Erkrankung nicht bereits in dieser Phase erkannt und behandelt, kommt es im Anschluss zum Ausbruch der eigentlichen Schizophrenie. „Die häufigsten Symptome sind dann Halluzinationen. Betroffene hören vor allem Stimmen. Man hat entweder das Gefühl, dass diese zu einem oder über einen sprechen“, so Krammer. Das Gehirn ist außerdem nicht mehr dazu in der Lage, Reize von außen zu filtern. Daher prasselt alles auf einmal auf die Betroffenen ein.

Patientinnen und Patienten erleben ihre Umwelt zunehmend als feindlich, fühlen sich verfolgt oder von fremden Mächten kontrolliert. Das kann auch Aggression gegen die eigene Person auslösen. Krankheitseinsicht gestaltet sich dabei schwierig: „Die Betroffenen nehmen das, was sie erleben, als real wahr.“ Eine frühe Behandlung ist wichtig und kann ein normales Leben wieder ermöglichen. Grundpfeiler dafür ist eine medikamentöse Therapie: „Stoffwechselveränderungen im Gehirn führen zur schizophrenen Symptomatik. Daher muss man darauf achten, diesen Stoffwechsel stabil zu halten“, sagt die Psychiaterin.

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Neben Medikamenten spielen auch Psychotherapie, Stressreduktion und die Vermeidung von Suchtmitteln eine zentrale Rolle. Bei vielen dieser Dinge kann auch das soziale Umfeld unterstützen: „Um einen guten Umgang mit Krankheitsphasen zu finden, empfiehlt es sich, in Zeiten, in denen der Betroffene gesund ist, einen Vertrag darüber auszuhandeln, wie die nahe stehenden Menschen helfen können und dürfen“, sagt Krammer. Dieser kann beinhalten, an Medikamente zu erinnern oder auf auftretende Symptome hinzuweisen. Auch dabei zu unterstützen, Stress zu vermeiden, Tagesstrukturen einzuhalten und gemeinsame Bewegung kann helfen. „Angehörige müssen außerdem dazu ermutigt werden, sich zu trauen, Hilfe von außen zu holen, wenn ihnen die Situation über den Kopf wächst“, sagt Krammer.