Das sogenannte Penninger-Medikament, ein Wirkstoff gegen schwere Formen von Covid-19 gilt als einer der Hoffnungsträger in der Pandemie: Es soll das Virus daran hindern, in die Körperzellen einzudringen – „dem Virus die Tür verschließen“, wie Josef Penninger anschaulich beschreibt – und den Körper vor dem gefürchteten Organversagen schützen.

Doch wann kommen nun die Daten zur Wirksamkeit? „Im Jänner werden wir mehr wissen“, sagt Penninger im Rahmen einer Online-Diskussion, die von der österreichisch-amerikanischen Gesellschaft organisiert wurde. Es wurden nun ausreichend Patienten für die Studie rekrutiert, nun müsse noch abgewartet werden, bis die Daten von der Herstellerfirma Apeiron ausgewertet werden können, das sehen die Zulassungsbehörden so vor. „Wir hängen hier auch am Tropf der Bürokratie“, sagt Penninger, der sich wünschen würde, dass die Daten schon früher analysiert werden könnten. Der Forscher geht davon aus, dass bis Ende Jänner klar sein sollte, wie wirksam das von ihm mitentwickelte Medikament ist – sind die Ergebnisse positiv, werde die Firma um eine Notfallzulassung ansuchen.

Doch nun stehen bereits die Impfkampagnen vor der Tür – welche Rolle spielen Covid-Medikamente dann überhaupt noch für die Pandemie? Auf diese Frage der Kleinen Zeitung antwortete Penninger: „Wir brauchen beides, wirksame Medikamente und Impfungen. Wir dürfen nicht glauben: Wir impfen und das Virus ist weg. Das Virus kann mutieren, das haben wir zum Beispiel auf den Nerzfarmen gesehen – Mutationen können Impfungen wirkungslos machen. Wir wissen auch, dass die Impfbereitschaft in der Bevölkerung leider nicht so groß ist. Es wird keine Wundermedikamente geben, aber solche, die in einer frühen Phase wirken, andere, die Schwerkranken helfen. Wir dürfen weder die weitere Forschung nach Impfstoffen noch die Medikamentenforschung aufgeben“, sagt Penninger. Überhaupt sei die Corona-Pandemie „das größte Wissenschaftsprojekt, das dieser Planet je gesehen hat.“

Dass es so schnell Impfungen am Markt gibt, dass Medikamente bereits in der letzten Studienendphase sind, sei Forschungsgrundlagen zu verdanken, die bereits vor Jahren, Jahrzehnten geschaffen wurden. Penninger selbst entdeckte jenen ACE2-Rezeptor, den das Virus als Eintrittstor nutzt, bereits vor 20 Jahren. Die mRNA-Technologie, die nun von den ersten beiden Impfstoffen genutzt wird, die zur Zulassung kommen, wurde über Jahre entwickelt. „Es zeigt sich: Investition in Wissenschaft zahlt sich zu 100 Prozent aus – wenn wir diese Grundlagen nicht gehabt hätten, hätte es Jahre gedauert bis wir einen Impfstoff haben“, sagt Penninger. Und unterstreicht auch, wie wichtig es ist, weiter an Impfstoff-Ansätzen zu forschen, denn: Es könnte notwendig sein, Impfungen zu haben, die zum Beispiel über die Nase verabreicht werden können, damit auch das spezielle Immunsystem in den Atemwegen, wo das Virus ja in den Körper eintritt, gezielt Antikörper entwickelt und so eine Infektion vollständig verhindert. „Die Daten aller Impfstoffe, die wir jetzt kennen, sehen sehr gut aus – ich war wirklich überrascht, wie gut die Impfungen wirken“, sagt Penninger.

„Die Bedingungen für Pandemien waren noch nie so gut wie jetzt“, sagt Penninger mit einem Blick in die Zukunft: Der Klimawandel bringt Moskitos nach Europa, das enge Zusammenleben in Megastädten, der Verlust des Lebensraums von Wildtieren: All das sind die Ingredienzien, die Pandemien in Zukunft nur wahrscheinlicher machen. Daher müssen nun Technologien genützt werden, um die Schwachstellen jener Viren zu finden, die in Zukunft auf den Menschen springen könnten. „Es gibt allein 20 weitere Coronaviren, die ebenfalls den ACE2-Rezeptor nutzen, um uns zu infizieren. Wir forschen auch an Ebolaviren oder dem Marburg-Virus, das noch viel schlimmer ist als Ebola“, sagte Penninger – nun müsse man sich vorbereiten, diese Viren verstehen und Medikamente in Entwicklung bringen.

Zu den aktuellen Massentests in Österreich sagte Penninger: „Regelmäßiges Testen ist in der Pandemie so wichtig, durch das Testen können wir Einrichtungen offenhalten.“ Er begrüßt das Vorgehen in Österreich, auch wenn er zu bedenken gibt, dass die Zuverlässigkeit der Antigentests sehr eingeschränkt sei.

Josef Penninger war aus Vancouver zugeschaltet, wo er das größte Life-Science-Institut Kanadas leitet – „zu Weihnachten komm‘ ich aber eh nach Österreich“, kündigte er an. Er stellte sich gemeinsam mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober der digitalen Diskussion, dessen Blick in die Zukunft vor allem um die nahenden Feiertage kreist.  „Wir tun alles dafür, dass es keinen dritten Lockdown geben wird“, sagt Anschober.

Man sehe jetzt, dass der harte Lockdown in Österreich wirke, der Reproduktionsfaktor gehe nach unten, dieser Trend werde sich laut der Prognosen fortsetzen. „Für die nächsten Wochen wird es entscheidend sein, dass wir frühzeitig eine mögliche Trendwende bemerken und dann auch reagieren“, sagt Anschober, der den Vergleich mit Deutschland scheut. „Der Unterschied zu Deutschland ist: Unsere Dynamik stimmt, die Zahlen gehen nach unten, wir können die vorsichtige Öffnung verwirklichen.“ Deutschland habe nie diesen Anstieg an Infektionen gehabt, wie es ihn in Österreich gab – nun werde aber befürchtet, dass sich die Zahlen über die Feiertage nach oben entwickeln, dafür wolle man in Deutschland mit einem möglichen Lockdown nach den Feiertagen vorbauen.

„In Österreich und Deutschland haben wir aber sehr unterschiedliche Situationen“, sagte der Minister, der darauf hofft, dass die Covid-19-Impfung in der Bevölkerung breit angenommen wird. „Was bringen uns all die Impfdosen, wenn sie nicht genützt werden“, sagt Anschober.