„Heute ist der 8. März“, also Women's Day, erinnert die Berliner Underground-Ikone Gudrun Gut mit herb-heiserer Stimme, als sie die Bühne im Orpheum Extra betritt. Der Schlussakkord des Festivals wird angestimmt.

Eine Woche voller existentialistischer Klangerkundungen und hellhöriger Diskursstreifzüge über Politik und Klima klingt würdig aus. Dass der eine oder andere Festivalgast die Orientierung zwischen Zeit und Raum vor lauter Tanzen und Raven verloren hat, soll vorgekommen sein.

Gudrun Gut, unter anderem Gründungsmitglied von den „Einstürzenden Neubauten“, hat sich mit ihrem Solo-Projekt eine Sound-Werkstatt gezimmert, die die gesamte DNA ihres musikalischen Werdegangs mit zeitgenössischen Elementen aus Techno und Avantgarde vermengt. Schwere, lethargische Rhythmen durchziehen wie Eisenstreben die Kompositionen zwischen Ambient und Industrial.  Gut flüstert und krächzt wahrlich lyrische Spoken-Word-Fetzen dazu, züchtet Lieder wie „Musik“ oder „Are You Hungry“ regelrecht heran. Irgendwann stehen die Song-Bauten, um im nächsten Moment wieder einzustürzen. Im Dom im Berg hätte die Performance sicher noch eindrucksvoller werden können. Das Orpheum Extra war für Gudrun Gut ein Vorgarten, kein Feld zum Bebauen.

Ganz anders, aber im Endeffekt mit einigen Parallelen, musizierte im Anschluss Michael Rother als endgültiger „Closing-Act“. Der deutsche Krautrock-Pionier gab seinen Gitarrensenf schon bei Legenden wie „Kraftwerk“ dazu, wurde von David Bowie verehrt (und sollte eigentlich bei dessen  „Heroes“-Album mitwirken), musiziert gerne mit John Frusciante, Gitarren-Gott und Wieder-Red-Hot-Chilli-Peppers-Leitfigur.

Rother trägt seine Songs mit E-Gitarre, Keyboard und Live-Schlagzeuger vor. Meist genügt dem Musiker ein Motiv, ein schlichter Schlagzeug-Beat ohne „Fills“. Minutenlang lässt er seine fast lieblichen Melodien (phasenweise gefährlich nah am Schlager?) köcheln. Was der 69-Jährige Hamburger mit Songs seiner beiden Band-Projekte „Harmonia“ und „NEU!“ am Sonntagabend präsentierte, war kitschig und erhaben gleichermaßen. Es war aber vor allem eines: Jenseits jeglicher Konventionen, die durch den Blues oder Rock im Laufe der Musikgeschichte geprägt wurden.

Fazit zum Festival: Julian Melichar

So abstrakt das Programm des diesjährigen Elevate-Festivals im Vorfeld angemutet hat, so erdig-ehrlich wurde es präsentiert. Der Fokus auf Klanginstallationen im Mumuth bot einen akademischen, aber nicht elitären Zugang zu elektronischer Musik, das Nachtprogramm in Parkhouse, Dom und Co. die praxisorientierte Tanz-Erfahrung. Das „Elevate“ meisterte eine weitere „Öffnung“, die der Publikumsvielfalt guttat. Pensionisten, Studenten, internationale Gäste aus Kunst und Musik und heimische Newcomer sorgten für ein gemeinsames, buntes Treiben trotz unterschiedlicher Sprachen. Die steirische Landeshauptstadt verwandelte sich in dieser Woche zu einem „Little London“

Fazit zum Festival: Nina Müller

Besonders erfreulich: Dass es immer mehr Auftragsarbeiten für das Festival gibt neben den schon lange gut laufenden Sparten (Club-)Musik und Diskurs auch die Kunst-Sparte richtig Fahrt aufgenommen hat - mit spannenden Installationen von Persuasion Lab und Depart (The Entropy Gardens), mit einer großartigen Performance im öffentlichen Raum (Roi Vaara: "Grounding"), mit dem Gastspiel des französischen "Acousmonium" im Mumuth oder Peter Kutins preisgekröntem "Torso #1" im Mausoleum - und sogar einer Installation, die vorerst im Stadtraum erhalten bleibt, der Liftmusik von Jimi Tenor nämlich, ein echter Grund, nicht die gesündere Variante mit den Treppen zu nehmen.