Den Anstoß für eine „echte medienpolitische Debatte“, erwartet sich der zuständige Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) mit der heute startenden, zweitägigen Medienenquete der Regierung im Wiener Museumsquartier. Skeptiker sehen in diesem öffentlichen Arbeitsforum nur ein Fassadenputzen oder gar Ablenkungsmanöver, weil hinter den Kulissen die Marschrichtung ohnehin schon abgesprochen bzw. vorgegeben sei – sowohl bezüglich der einer neuen Ausrichtung der Medienpolitik als auch einer ORF-Reform mit Paradigmenwechsel in der Gesetzgebung.

ORF-General Alexander Wrabetz blickte bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten diese Woche jedenfalls einmal mehr zum Himmel und beteuerte, dem Medienminister die Bemühungen abzunehmen: „Das ist eine hochkarätig besetzte Enquete. Ich glaube nicht, dass im Hintergrund schon eine gesetzliche Festlegung im Detail getroffen ist“, so Wrabetz.

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Was sind nun die Themen dieser Arbeitstagung mit hochrangigen Rednern wie EU-Justizkommissarin Vera Jourova, Springer-Vorstand Mathias Döpfner und Medienmanager Gerhard Zeiler (Ex-ORF-Boss)? Die Schwerpunkte lauten Europa, Wettbewerb, öffentlich-rechtlicher Auftrag und Public Value, Demokratie und Digitalisierung sowie „österreichische Identität“.

Die Konkurrenz zu den "Big Playern"

Es geht also nicht nur um den ORF und die Privatsender, die sich alle seit Monaten in Stellung gebracht haben, sondern auch um weltweite „Big Player“ wie Google und Amazon, die keine Medien sein wollen, sondern sich als Plattformen verstehen. Dazu werden heute Fragen aufgeworfen wie: Gibt es auf europäischer Ebene eine ganzheitliche Strategie im Umgang mit den großen Plattformen? Was wären die richtigen Maßnahmen? Und wo sind die Allianzen für den Standort Österreich?


Der Zeitpunkt hätte nicht besser passen können: Kurz vor Eröffnung wurde dem Anwalt von Puls 4 eine (nicht rechtskräftige) Entscheidung des Handelsgerichtes Wien zugestellt, die durchaus das Potenzial hat, das Internet zu revolutionieren. Das Gericht hat festgestellt, dass YouTube für die auf der Medienplattform von Usern begangenen Urheberrechtsverletzungen direkt haftet. Welche weitreichenden Folgen können sich nun ergeben? YouTube muss in Zukunft durch Vorabkontrolle sicherstellen, dass keine rechtsverletzenden Inhalte hochgeladen werden. Die auf urheberrechtliche Ansprüche beschränkte Entscheidung ist sowohl auf andere Rechtsbereiche wie Verstöße gegen Medienrecht, Persönlichkeitsrechte, Strafrecht und auch auf vergleichbare Onlineangebote bzw. Medienplattformen wie Facebook übertragbar.
Eine Entscheidung, die also noch frischen Wind in die Arbeitstagungen bringen könnte. „Die Medien, die sich soziale Netzwerke nennen, werden erkennen müssen, dass sie für die Inhalte, mit denen sie viele Millionen verdienen, auch Verantwortung übernehmen müssen“, jubelt Markus Breitenecker, Gründer von Puls 4, der morgen u. a. über Public Value als gesellschaftliche Leistung – freilich nicht nur des ORF