Alejandro Gonzalez Inarritu wurde für "Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)" bei der 87. Oscar-Verleihung zum besten Regisseur gekürt. Der Mexikaner hat mit seiner neunfach nominierten Satire u.a. seinen Mitfavoriten Richard Linklater ("Boyhood") ausgestochen, den er auf dem Weg zur Bühne umarmte. Zuvor hatte Inarritu bereits den Preis für das beste Drehbuch gewonnen.

Eddie Redmayne wurde seiner Favoritenrolle bei der 87. Oscar-Verleihung gerecht und am Sonntagabend (Ortszeit) in Los Angeles als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Der 33-jährige Brite erhielt den Preis aus den Händen von Vorjahressiegerin Cate Blanchett für seine Rolle des an ALS erkrankten Physikers Stephen Hawking in dem Drama "Die Entdeckung der Unendlichkeit".

Nach vier erfolglosen Nominierungen klappte es beim fünften Mal: Julianne Moore wurde bei der Oscar-Verleihung als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Sie nahm die Trophäe für ihre Rolle als Alzheimerkranke in "Still Alice" aus den Händen von Matthew McConaughey entgegen.

Moderiert wurde die Gala von "How I met your Mother"-Star Neil Patrick Harris, der sich viel Mühe gab, das Publikum zu unterhalten. Für eine Anspielung auf den Film "Birdman" ließ er sogar die Hüllen fallen und kam in Unterhosen auf die Bühne.

Beste Nebendarsteller

J.K. Simmons war der erste Gewinner der Gala. Der 60-Jährige wurde für seinen Part als sadistischer Musiklehrer im Jazzdrama "Whiplash" mit der Goldstatute als bester Nebendarsteller ausgezeichnet. Er bedankte sich bei seiner Familie und rief die Zuschauer auf, wieder einmal bei den eigenen Eltern anzurufen.

Patricia Arquette wurde als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet. Für ihren Part als Mutter in Richard Linklaters "Boyhood" wurde die 46-Jährige wie erwartet mit der zweiten Goldstatuette des Abends in den Schauspielerkategorien geehrt. Sie nahm ihren Preis aus den Händen von Vorjahresgewinner Jared Leto entgegen.

Dokumentarfilm, Animation & Auslandsoscar

Der Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film geht heuer erstmals an Polen. Regisseur Pawel Pawlikowski wurde am Sonntagabend (Ortszeit) bei der 87. Oscar-Verleihung in Los Angeles für sein Schwarz-Weiß-Drama "Ida" ausgezeichnet und ließ dabei Mitkonkurrenten Russland ("Leviathan"), Argentinien ("Wild Tales"), Estland ("Tangerines") und Mauretanien ("Timbuktu") hinter sich.

Überraschungssieger der 87. Oscar-Verleihung war "Baymax - Riesiges Robowabohu" (Original: "Big Hero 6"). Die Komödie über einen Pflegeroboter wurde am Sonntagabend als bester Animationsfilm ausgezeichnet. Der Oscar ist der zweite in Folge für das Disney-Animationsstudio, das bereits im Vorjahr mit dem Märchen "Frozen" reüssiert hatte.

"Citizenfour" über Edward Snowden wurde als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Die deutsche Koproduktion der US-Regisseurin Laura Poitras dreht sich um die Enthüllungen Snowdens zu den Überwachungsprogrammen des US-Geheimdienstes NSA. Der deutsche Regisseur Wim Wenders, der für "Das Salz der Erde" nominiert war, ging damit erneut leer aus.

Tribut für "The Sound of Music"

Eine kleine Rolle kam Österreich bei der 87. Oscar-Verleihung in Los Angeles doch noch zu: Der Musicalklassiker "The Sound of Music", der seither in den USA das Salzburg-Bild prägt, wurde zum 50. Geburtstag geehrt. Lady Gaga präsentierte in überraschend konservativem Outfit ein Medley der bekanntesten Melodien aus dem fünffachen Oscar-Gewinner, bevor ihr Julie Andrews in die Arme fiel.

"Es ist schwer vorstellbar, dass schon 50 Jahre seit diesem wunderbaren Film vergangen sind", freute sich die "Sound of Music"-Hauptdarstellerin Andrews über die Hommage: "Ich habe geblinzelt, und schon stehe ich hier."

Gala mit politischen Untertönen

Mit Musicaleinlagen und ständigen Smoking-Wechseln führt Neil Patrick Harris souverän durch die Oscar-Show. Wirklich glänzen können dann aber vor allem zwei Komödien - und einige Gewinner, die die Bühne für emotionale, politische Auftritte nutzen.

Eines der politischsten Statements des Abends kam in allerletzter Minute. Der mexikanische Regisseur Alejandro Gonzalez Inarritu hatte seine Oscar-Dankesrede für den besten Film schon gehalten, da griff er sich erneut das Mikrofon. Er widme seinen Preis auch den jungen Immigranten der USA: "Ich bete dafür, dass sie mit derselben Würde und demselben Respekt behandelt werden wie diejenigen, die vor ihnen kamen und diese unglaubliche Einwanderer-Nation aufgebaut haben", sagte er mit seiner Trophäe in der Hand. Inarritus Rede war symptomatisch für diese 87. Oscar-Verleihung: Inmitten einer fast schon langweilig abgespulten Show lieferten die Gewinner die stärksten und eindringlichsten Momente.

Gespür für Absurdes

Die Film-Akademie bewies mit ihren Entscheidungen in diesem Jahr durchaus ein Gespür für absurde Produktionen. Nicht nur "Birdman oder Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit" sicherte sich vier Oscars, auch die deutsche Ko-Produktion "Grand Budapest Hotel" von Wes Anderson wurde mit vier Goldjungen geehrt. Beide Komödien sind eigentlich eher Hollywood-untypisch, folgen sie doch stilistisch und erzählerisch nicht den gewohnten Konventionen, sondern durchbrechen sie mit chaotischem Durcheinander ("Birdman") oder detailverliebtem Ideenreichtum ("Budapest").

Und doch werden die diesjährigen Oscars sicher nicht als besonders innovativ oder gewagt in Erinnerung bleiben. Im Gegenteil. Die meisten Entscheidungen waren vorhersehbar und bewegten sich innerhalb eines klaren Schemas: Vor und hinter der Kamera standen vor allem weiße Männer, und fast alle nominierten Filme erzählen von Problemen der weißen (US-)Mittelschicht. Egal, ob "Die Entdeckung der Unendlichkeit", für das der herausragende Eddie Redmayne als Physiker Stephen Hawking zu Recht als bester Darsteller ausgezeichnet wurde, oder eben "Birdman" um einen abgehalfterte Hollywoodschauspieler.

Das Filmexperiment, das über zwölf Jahre gedrehte Drama "Boyhood" über einen Heranwachsenden, musste sich dagegen mit einem Oscar für Patricia Arquette als bester Nebendarstellerin begnügen. Und für das Bürgerrechtsdrama "Selma" über den schwarzen Freiheitskämpfer Martin Luther King gab es einen Trost-Oscar für den besten Original-Song. Überhaupt durften schwarze Schauspieler nur Preise überreichen, aber keinen entgegennehmen. "Heute ehren wir Hollywoods Weißeste, äh, Entschuldigung, Hellste", hatte Moderator Neil Patrick Harris gleich zu Beginn der Show noch sarkastisch prophezeit.

Gleiche Löhne, gleiche Rechte

Es waren daher einige Gewinner, die für die emotionalsten Momente sorgten. Patricia Arquette nutzte die Bühne für den ersten Appell des Abends. "Nun ist endlich unser Moment gekommen - für gleiche Löhne und gleiche Rechte für Frauen in den Vereinigten Staaten von Amerika", rief sie unter dem frenetischen Applaus von Stars wie Meryl Streep. John Legend, der für den "Selma"-Song "Glory" gewann, erinnerte in seiner Rede an die Ungleichheit, die in den vergangenen Monaten schwarze Bürger wie in Ferguson zu Protestmärschen auf die Straße brachte: "Es sind heute mehr Schwarze unter Kontrolle der Justiz als zu Zeiten der Sklaverei 1850. Leute, die zu unserem Lied marschieren, sollen wissen, wir sind bei euch. Marschiert weiter!"

Während für die deutschen Zuschauer zunächst eine Sendepanne bei ProSieben minutenlang zu einem Standbild führte und erhitzte Twitter-Kommentare auslöste, war es dann eine spätere Entscheidung der Oscar-Akademie, die für einigen Wirbel sorgte. In der Kategorie beste Dokumentation ging der Deutsche Wim Wenders zwar leer aus, dafür gewann die deutsche Ko-Produktion "Citizenfour" über Edward Snowden - den Mann, der die geheimen Machenschaften des US-Geheimdienstes NSA enthüllte und das Ansehen der USA international erheblich schädigte. Immerhin eine spannende politische Fußnote bei den diesjährigen Oscars.