Erst nach Mitternacht fiel das Urteil gegen jenen Osttiroler, der am Montag wegen Wiederbetätigung in Innsbruck vor Gericht stand. Er wurde – noch nicht rechtskräftig – zu neun Jahren Haft verurteilt. Er bat um Bedenkzeit. Die Latte der Verbrechen nach dem Verbotsgesetz, die die Staatsanwaltschaft dem 38-Jährigen zur Last legte, war lang: So soll er NS-Bücher zur Schau gestellt, eine Sieg-Rune auf dem Arm ganz offen gezeigt, Adolf Hitlers „Mein Kampf“ weitergegeben, in einschlägigen Rechtsrock-Bands Musik gemacht und mit Gottfried Küssel und anderen Größen aus der rechten Szene im In- und Ausland Kontakt gehabt haben. Außerdem soll er einen Teleskop-Schlagstock illegal besessen haben. Am Montag stand der Mann vor einem Schwurgericht in Innsbruck.

Einen ersten Kontakt mit dem NS-Verbotsgesetz mit darauffolgender Verurteilung hatte der Angeklagte bereits 2003. Damals war er allerdings noch Jugendlicher. Doch das sei inzwischen Geschichte, er sei inzwischen, abgesehen von einer Verurteilung wegen eines Verkehrsunfalles, nahezu unbescholten, meinte dessen Verteidiger, René Schwetz, am Montag: „Mein Mandant war in jungem Alter wegen Alkoholmissbrauchs kein feiner Herr. Aber er hat aus seiner Vergangenheit gelernt.“ Die Staatsanwaltschaft ist hingegen davon überzeugt, dass der Osttiroler „die ganze Zeit aktiv war, nie aufgehört hat“, rechtes Gedankengut zu verbreiten. Inzwischen sei der Angeklagte eine Größe der Szene, und zwar nicht nur national, sondern sogar international. Laut einem Gutachten des Verfassungsschutzes werde er sogar als „Hochrisiko-Gefährder“ eingeschätzt, der bereit sei, das politische System der Republik zu destabilisieren.

Schwager zeigte ihn an

Der Mann war bemüht, gegenüber den Geschworenen in stundenlangen Ausführungen darzulegen, dass er aus der Vergangenheit gelernt habe: „Ich kenne das Verbotsgesetz so gut, ich kratze nicht einmal daran an. Ich habe eine Frau und fünf Kinder und ich wäre wahnsinnig, wenn ich das tun würde.“ Dass er jetzt vor Gericht stünde, sei reiner Zufall, weil ihn sein Schwager im Vollrausch bei der Polizei angezeigt habe. Und nun wolle man ihm einen Strick aus Dingen drehen, die seit 20 Jahren bekannt seien. So sei er etwa mit besagter Sieg-Rune sogar beim Bundesheer gewesen, wo man ihn mit einer NS-Gesinnung sicher nicht genommen hätte. Die Bücher, die er besessen habe, habe er alle in normalen Geschäften oder auf dem Flohmarkt erworben. Und wenn es legal sei, diese Literatur zu verkaufen, könne der Besitz nicht illegal sein. Kleidung mit einem stilisierten Hakenkreuz, von der man ein Foto auf seinem Mobiltelefon gefunden hatte, habe er nie besessen. Und selbst wenn, so habe er sie immer nur im Ausland getragen. Den Geschworenen wollte er suggerieren, dass diese „Auslandsdelikte“ nicht strafbar seien. Da musste ihm Richterin Eberherr aber doch einmal ins Wort fallen: „Ganz so, wie Sie das darstellen, ist es nicht.“ Natürlich könne es auch strafrechtlich relevant sein, was Österreicher im Ausland machten.

Der Schwager, der die Sache ins Rollen gebracht hatte, entschlug sich wegen des Verwandtschaftsverhältnisses der Aussage. Ebenso die Stieftochter, die der 38-Jährige mit NS-Gedankengut indoktriniert haben soll.