Der Airbag für die Skifahrer hat vor zwei Jahren in Gröden schon Leben gerettet - glaubt zumindest Matthias Mayer, bei dessen Sturz auf der Saslong der aufblasbare Schutz am Rücken erstmals so richtig zum Einsatz kam. Zwei Jahre später ist die Zahl derer, die den Airbag unter dem Rennanzug tragen, aber schon wieder stark rückläufig. Auch Hannes Reichelt lässt das Teil seit dieser Saison wieder weg. Der Salzburger ist überhaupt frustriert, wenn es das Thema "Sicherheit" zur Sprache kommt: "Da muss der Weltverband endlich was machen. Es passiert viel zu wenig - und es wäre höchste Zeit!"

Der 37-Jährige selbst verzichtet aus Gründen des Erfolgs auf den - möglicherweise - lebensrettenden Airbag. Aus zwei Gründen: "Ich denke, es ist ein aerodynamischer Nachteil-. Bei mir kommt dazu, dass ich bei langen Abfahrten ein Problem habe, genug Luft zu bekommen. Und dazu ist mein Vertrag mit der produzierenden Firma ausgelaufen." Soll heißen: Reichelt müsste sich den Airbag selbst kaufen - und das geht ins Geld. Wobei er es sich wohl leisten könnte, bei anderen sieht das anders aus. Beispiel Schweiz: Dainese, der Entwickler des Airbags, ist da gar nicht im Skipool, die Fahrer müssten den Airbag allesamt selbst finanzieren, für die Jungen bei einem Preis von 1000 Euro aufwärts plus einigen hundert pro Auslösung kein leichtes Unterfangen.

Reichelt: "Höchste Zeit, dass sich was tut!"

Auch die Norweger haben unter dem Rennanzug den Airbag schon wieder entfernt, übrig bleibt der alte Rückenprotektor. Für Reichelt ist daher klar: "Wenn die FIS wieder etwas tut, dann fahre ich auch wieder mit Airbag..." Klar ist für ihn aber: "Es wäre Zeit, dass sie was tun! Und zwar nicht nur, was den Airbag betrifft, sondern was die Protektoren generell betrifft."

Reichelt spricht von der "dünnen Haut", die die Läufer haben, außer dem Rückenprotektor sind sie praktisch ungeschützt. "Es wäre doch so einfach, dickere Anzüge vorzuschreiben, eventuell sogar mit Leder zu verstärken. Wir sollten uns in Richtung Motorrad-Sport entwickeln." Das Problem: Es passiert nichts. . .

"Wahrscheinlich sitzen die falschen Leute dort!"

Und Reichelt weiß, wovon er spricht. Immerhin ist er gewählter Vertreter der Athleten, ging diese Aufgabe auch mit Elan an - und wurde enttäuscht. "Ich weiß jetzt, wie die Mühlen mahlen, das ist mühsam. Ich habe mir auch gedacht, ich komme da rein und kann etwas verändern. Aber da läufst du gegen eine Wand. Oder besser: Es sind mehrere Wände hintereinander, fast ein Hürdenlauf."

Reichelts Begründung für die Trägheit der Organisation: "Es sind verschiedene Gremien, die so eine Sache durchlaufen muss. Und jeder will nur seinen Job verteidigen, keiner will sich die Finger verbrennen. Deshalb passiert nichts." Er hingegen habe "eben keinen Job zu verteidigen. Deshalb kann ich so offen darüber sprechen!" Noch ist er Athletensprecher, "so lange mich die anderen wollen, bleibe ich das auch. Aber wenn nicht, dann habe ich auch kein Problem. Das ist viel Arbeit, die man da zu leisten hat." Und vor allem: Zu viel Arbeit, um dann an Gremien und Bürokratie zu scheitern.

"Wahrscheinlich sitzen einfach die falschen Leute in den Gremien", kritisiert Reichelt, "auch die Ex-Rennfahrer betrifft das. Denn die sind schon so lange Ex-Rennfahrer, die haben keine Ahnung mehr. . ."