Wenn sich die Post über Rekord-Paketmengen freut, ist auch immer der US-Handelsrise Amazon gewichtig mit im Gepäck. Von durchschnittlich 800.000 Paketen am Tag kommen 250.000 von dem Konzern, der wahrscheinlich am meisten von der Pandemie profitiert haben dürfte. Der größte Einzelkunde der Post wird aber immer mehr vom beinharten Verhandlungspartner zum Erzkonkurrenten.

Post-Chef Georg Pölzl erwartet, dass der Aufbau eigener Amazon-Verteilzentren auch zulasten der Post geht. 58 Prozent Marktanteil hat die Post am Paketmarkt. Amazon angeblich nur drei Prozent, obwohl man in Ostösterreich die Lieferungen längst selbst macht. Pölzl glaubt, „die stapeln tief“. In Graz entsteht bald das nächste Zentrum, was vor allem vom Handel und Gewerkschaft mit Argusaugen verfolgt wird.

Eine neuerliche Razzia der Finanzpolizei im niederösterreichischen Amazon-Verteilzentrum Großebersdorf am Dienstag blieb fast ohne Beanstandungen. Es war die dritte in eineinhalb Jahren mit Fokus auf Lohn- und Sozialdumping bei Amazon-Partnern. Bei der ersten Razzia im Februar 2020 hatte es 987 Beanstandungen gegeben, verbunden mit hohen Strafen, Pfändungen und Sicherstellungen. Die Paketzusteller hätten offensichtlich dazugelernt, so Finanzminister Gernot Blümel zu dem Einsatz. Denn dieses Mal wurde bei der Kontrolle der 58 Mitarbeiter von sechs Betrieben nur eine Forderungspfändung wegen Steuerschulden verhängt. Am Paketgeschäft hängt wegen des sinkenden Briefgeschäfts – weiter beschleunigt durch Corona – der größte Teil von Umsatz und Ertrag der börsennotierten Post. Es wächst so stark, dass sich Pölzl trotz der schnellen Amazon-Expansion entspannt zeigt. „Sie nehmen uns Anteile weg“, sagt er, „trotzdem werden wir weiter wachsen“, weil das jährliche Marktwachstum im hohen einstelligen oder zweistelligen Prozentbereich liege. Bis 2030 peilt die Post die dritte Umsatzmilliarde an, aktuell sind es knapp 2,2 Milliarden. Eine besondere Rolle spielt dabei das starke Wachstum in der Türkei, wo man mit der Tochter Aras inzwischen die Nummer eins sei.

„Wir haben von Amazon viel gelernt"

Die Post will sich jedenfalls ausgehend von Österreich stark als „grüner“ Lieferant mit immer mehr CO2-neutraler Zustellung profilieren. Pölzl betont diesen Vorsprung, räumt aber auch ein: „Wir haben von Amazon viel gelernt. Dass einmal die Zustellung innerhalb eines Werktages Standard wird, war uns vor zehn Jahren nicht so klar. Die haben einen sehr konsequenten Blick auf die Kunden.“

In Gemeinden mit wenig Geschäftsinfrastruktur würde die Post gerne mit neuen „Landpartnern“ näher an die Kunden rücken. „Das ist ein Rezept gegen die Landflucht“, erläutert Pölzl „das neue Format“ eines Postpartners, der über einen einzigen Vertrag Trafikgeschäft mit Lotto und A1-Angebote und Postservice anbieten kann. „Dann kann man einen kleinen Laden aufmachen,“ so Pölzl. 100 Gemeinden seien potenzielle Standorte.

Möglichst viele Kontaktpunkte zu Kunden zu haben, war auch eine Motivation für die Gründung der Bank99 nach der Trennung von der Bawag PSK. Dass es nicht gelungen sei, einen Partner zu finden „war eine Pleiten-, Pech- und Pannenstory“, so Pölzl. Der Start am 1. April 2020 sei „der blödeste Zeitpunkt“ gewesen. „Die Pandemie hat uns schon Substanz gekostet.“ Für Konsumentenkredite hat die Bank 99 gerade die Bank BNP Paribas als Partner gewonnen, demnächst soll auch Fondssparen angeboten werden. Dafür ist der Partner noch offen. Allerdings zieht sich gerade die ING-Bank aus Österreich zurück. Es wäre wenig überraschend, käme es hier zu einer Kooperation.