Eine regelmäßig rotierende Diskussion beschäftigt wieder einmal die heimische Innenpolitik: Und zwar jene rund um  sogenannte "Zumutbarkeitsbestimmungen" für arbeitslose Menschen. Aktuellen Nährstoff bekommt die Debatte wegen eines Interviews von Arbeitsminister Martin Kocher. In diesem sprach sich der Minister nämlich dafür aus, wieder vermehrt Fokus auf Sanktionen zu richten. Diese werden etwa ausgesprochen, wenn sich Arbeitslose verweigern, zumutbare Jobs anzunehmen. Für eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen tritt Kocher zurzeit aber nicht ein.  

Diese Forderung stellte dafür jüngst der ÖVP-Wirtschaftsbund mit besonderer Dringlichkeit. Konkret: Bei Langzeitarbeitslosigkeit soll es künftig möglich werden, Personen im ganzen Land zu vermitteln.

Das bringt uns rasch zur Frage: Was aber ist denn eigentlich zurzeit für Arbeitslose zumutbar? Eine Spurensuche.

Vorab ist klarzustellen: Die Arbeitslosenunterstützung ist keine milde Gabe des Staates, sondern eine Versicherungsleistung. Die Zumutbarkeitsbestimmungen sind bereits jetzt im Arbeitslosenversicherungsgesetz durchaus streng geregelt.

Wer hat einen Anspruch auf Arbeitslosengeld?

Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft ist. Erstmals Arbeitslosengeld darf der Arbeitslose in Anspruch nehmen, wenn er in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches insgesamt 52 Wochen im Inland (arbeitslosenversichert) beschäftigt war - bei Unter-25-Jährigen gelten andere Regeln.

Arbeitsvermittelt werden kann, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.

Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person, die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält.

Arbeitsfähig ist, wer nicht invalid und nicht berufsunfähig ist.

Arbeitswilligist laut Gesetz, wer bereit ist, eine ihm zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis anzunehmen.

Wann ist eine Beschäftigung zumutbar?

Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie ...

… den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist,
… ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet,
… angemessen entlohnt ist,
… in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll,
… in angemessener Zeit erreichbar ist,
… oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht,
… sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können.

Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen entsprechende Entlohnung.

Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden.

Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicherweise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar. In der Praxis kommt das allerdings laut AMS-Auskunft nicht oft vor.

In den ersten 100 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld aufgrund einer neu erworbenen Anwartschaft ist eine Vermittlung in eine nicht dem bisherigen Tätigkeitsbereich entsprechende Tätigkeit nicht zumutbar, wenn dadurch eine künftige Beschäftigung im bisherigen Beruf wesentlich erschwert wird.

Das heißt, der Berufsschutz wurde bereits für die ersten 100 Tagen aufgeweicht – mit der Einschränkung des Entgeltschutzes als Sicherheitsnetz: Denn in den ersten 120 Tagen des Bezuges von Arbeitslosengeld ist eine Beschäftigung in einem anderen Beruf nur dann zumutbar, wenn das Entgelt mindestens 80 Prozent des vorherigen Bruttogehalts entspricht. Dieser Betrag sinkt ab dem 121. Tag auf 75 Prozent. Wird dieser Betrag überschritten, kann man in einen anderen Beruf vermittelt werden.

Zumutbar ist eine vermittelte Beschäftigung auch dann, wenn eine Wiedereinstellungszusage von einem früheren Arbeitgeber erteilt wurde oder sich die arbeitslose Person schon zur Aufnahme einer Beschäftigung in Zukunft verpflichtet hat (Einstellungsvereinbarung).

Was passiert, wenn sich ein Arbeitsloser weigert, eine Arbeit anzunehmen?

Mindestens für sechs Wochen verliert ein Arbeitsloser den Anspruch auf eine Arbeitslosenhilfe, wenn er sich weigert, eine zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder diese vereitelt.

Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung um weitere zwei Wochen auf acht Wochen.

Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, erhalten für die Dauer von vier Wochen kein Arbeitslosengeld.

Dass ein Arbeitsloser einem Job „nachsiedelt“, seinen Wohnort verlässt  und dafür etwa auch in ein anderes Bundesland wechselt, wird derzeit nicht vom Gesetzgeber gefordert. In der Praxis sähen Experten auch viele Hürden, sollte ein Langzeitarbeitsloser sein Eigenheim und sein gewohntes Umfeld bzw. seine Familie für eine berufliche Tätigkeit verlassen müssen.