Als "unerträglich" bezeichnet Michael Schlögl, Obmann der Fachgruppe der Reisebüros in der Wirtschaftskammer Steiermark und Unternehmer (Gruber Reisen), die "Polemik des Vertreters der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr". Bekanntlich hat der vereinbarte und bei der EU-Kommission zur Genehmigung eingereichte Fixkostenzuschuss II zu einem Zerwürfnis zwischen Selmayr und Finanzminister Gernot Blümel geführt. Der Fixkostenzuschuss II sollte kleinen und mittelständischen Reiseunternehmen in Österreich das Überleben sichern und am Mittwoch starten. Nun heißt es weiter warten.

Selmayrs Behauptung, Österreich habe den Antrag bei der EU-Kommission falsch eingereicht, sei als "glatte Lüge entlarvt" worden, attackiert Schlögl den Vertreter der EU-Kommission. "Die Einreichung ist korrekt, droht aber wegen juristischer Spitzfindigkeiten abgelehnt zu werden. Die so dringend benötigte Wirtschaftshilfe könnte an EU-beamteten Befindlichkeiten scheitern", so Schlögl in einer Aussendung am Donnerstag.

Unbedingt abzulehnen sei der EU-Vorschlag, dass ein mit 800.000 Euro gedeckelter Fixkostenzuschuss II sofort genehmigt werden würde. Vertreter der Wirtschaftskammer und der Branchenverbände sähen dies als Mogelpackung, da es "nur wenigen Betrieben in der Reisebranche helfen würde". Es wären nämlich "andere, bereits gewährte Zuschüsse gegenzurechnen". Zudem würde das EU-Paket nur bis Jahresende genehmigt, während der österreichische Fixkostenzuschuss II bis Ende März 2021 gelten sollte.

Nur Stornos und kaum Umsätze

"Reisebüros und Reiseveranstalter haben ihre Leistungen für den diesjährigen Sommerurlaub bereits im Vorjahr erbracht, seit Mitte März aber nur noch Reisen storniert, so gut wie keine Umsätze generiert und Zahlungen gemäß den Vorgaben der EU-Pauschalreiserichtlinie den Konsumenten rückerstattet", schildert Schlögl und verweist auf einen ganz anderen Umgang mit der Situation in Italien: Dort würde der Staat geltendes EU-Recht "mit Füßen treten", indem er ansässige Unternehmen ermächtige, alle Kundenanzahlungen für coronabedingt abgesagte Reiseleistungen einzubehalten. "So zahlen italienische Reedereien, Reiseveranstalter, Fluglinien, Reisebüros, Hoteliers keine Gelder zurück, sondern geben nicht insolvenzabgesicherte Gutscheine aus. Die EU-Kommission sieht bei diesem Treiben tatenlos zu."

Branche "liegt am Boden"

Unverständlich sei in dem Zusammenhang weiters, warum der Reisekonzern TUI drei Milliarden Euro und die Lufthansa 9 Milliarden Euro an Soforthilfen vom deutschen Staat haben bekommen dürfen. Schlögl: "Es drängt sich der unweigerliche Verdacht auf, dass im großen Stil Österreich von seinen klein- und mittelständischen Reisebüros bereinigt werden soll. Es muss die Frage erlaubt sein, ob es Selmayr um dieses Vorhaben geht."

Auch Schlögls Branchenkollegin Andrea Brennacher-Springer übt deutliche Kritik an der Haltung der EU-Kommission. "Es kann nicht sein, dass unter dem Vorwand eines Formfehlers nun das Hilfspaket verhindert wird", hält die Reiseunternehmerin in einer Aussendung fest.

„Die Reisebranche liegt derzeit am Boden – da die Existenzgrundlage mit Reisefreiheit verbunden ist - und mit einer Erholung ist heuer nicht mehr zu rechnen. Wenn jetzt nicht rasch und unbürokratisch geholfen wird, gefährdet dies das Fortbestehen von österreichischen Mittelbetrieben im Tourismus. Wir dürfen nicht zulassen, dass es in der Reisebranche bald nur noch ausländische Konzerne gibt“, warnt Brennacher-Springer.

Reiseunternehmerin Andrea Springer
Reiseunternehmerin Andrea Springer © Springer Reisen