Bei den kommende Woche startenden Kollektivvertragsverhandlungen im Handel drängt die Gewerkschaft auf einen Ausgleich für die im Juli von ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossene Arbeitszeitflexibilisierung. Angeordnete 12-Stundendienste würden wahrscheinlicher, vor allem zur Weihnachtszeit, erwarten die Arbeitnehmervertreter.

Ein 12-Stunden-Tag würde vor allem Frauen mit Kinderbetreuungspflichten vor große Probleme stellen, nachdem Kinderbetreuungseinrichtungen in vielen Gegenden Österreichs nicht so lange geöffnet haben, sagte Karl Dürtscher, Bundesgeschäftsführer der GPA-djp, bei einem Hintergrundgespräch vor Journalisten.

Knapp zwei Drittel der rund 400.000 Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Die Freiwilligkeit bei Überstunden sei angesichts der knappen Personalressourcen in der Handelsbranche und zahlreichen "All-In-Verträgen" problematisch, so Dürtscher.

Sechste Urlaubswoche

Eine zentrale Forderung der Gewerkschaft in den kommenden KV-Verhandlungen ist die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche. Diese Forderung stellen die Arbeitnehmervertreter schon seit Jahren, die Arbeitgeber haben bisher aber abgeblockt. Momentan kommen Beschäftigte im Handel laut Kollektivvertrag nur dann in den Genuss von sechs Wochen Urlaub im Jahr, wenn sie 25 Jahre durchgehend im selben Unternehmen arbeiten.

Als Positivbeispiel sieht die Gewerkschaft die beiden Baumarktketten Hornbach und Bauhaus. Beide bieten ihren Handelsangestellten in Österreich seit kurzem ein Vollzeit-Einstiegsgehalt von 1.820 brutto und 6 Wochen Urlaub ab dem zweiten Jahr. Die Baumärkte wollen damit wohl gute Mitarbeiter von anderen Unternehmen abwerben, so Wirtschaftsbereichssekretärin GPA-djp, Anita Palkovich.

Die Gewerkschaft hat noch einige andere Forderungen für die KV-Verhandlungen: Die Arbeitszeit pro Mitarbeiter an den umsatzstarken Tagen 24. und 31. Dezember soll beschränkt und besser bezahlt werden. Weiterbildung sollte durch einen Anspruch auf die 4-Tage-Woche und einen Rechtsanspruch auf Bildungskarenz gefördert werden.

Für ältere Arbeitnehmer drängen die Arbeitnehmervertreter auf altersgerechte Arbeitszeitmodelle. Die Altersteilzeit wird im Handel derzeit nur wenig genutzt, auch weil der Arbeitgeber derzeit die Altersteilzeit aus betrieblichen Gründen ablehnen kann. Außerdem wünscht sich die Gewerkschaft eine Karenzanrechnung auf alle dienstzeitabhängigen Ansprüche.

Karenzzeiten für Arbeitgeber machbar

Bei der nächste Woche startenden Kollektivvertragsverhandlung für die Handelsangestellten sehen die Arbeitgeber lediglich bei den Karenzanrechnungszeiten Spielraum. Hier sei man im Handel schon weiter als andere Branchen, ein weiteres Entgegenkommen würde auch ein Zugehen bei der Arbeitnehmerforderung nach einer 6. Urlaubswoche darstellen, so Peter Buchmüller, Obmann der WKÖ-Bundessparte Handel.

Und auch bei der Forderung der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) nach einem früheren Anspruch auf die 6. Urlaubswoche sei der Handel bisher schon vorbildlich gewesen, weil beispielsweise Ausbildungszeiten angerechnet werden. Der GPA-Wunsch nach einem Anspruch auf eine 4-Tage-Woche sei durchaus zu diskutieren, allerdings dürfe es keinen verpflichtenden Anspruch geben, sondern vielmehr ein Einverständnis zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter, so Buchmüller am Donnerstag zur APA.

Der Gewerkschaftsforderung nach einer besseren Bezahlung der "Stresstage" am 24. und 31. Dezember kann Buchmüller wenig abgewinnen. Dies sei "nicht gut vorstellbar".

Gehaltsplus noch offen

Während die Gewerkschaften bei den KV-Verhandlungen in der Metallindustrie mit einen Plus von fünf Prozent bei Löhnen und Gehältern in die Gespräche gegangen sind, liegt beim Handel bis noch keine Forderung am Tisch. Für Buchmüller wäre aber ein Vergleich des Handels mit der Metallindustrie "völlig abwegig". Schließlich erwirtschafte letztere eine Marge von zehn Prozent und darüber, während es beim Handel gerade mal drei Prozent seien.

Ein weit rosigeres Bild des Handels zeichnete heute die Arbeiterkammer (AK). "Steigende Umsätze, eine gute Ertragslage und eine solide Eigenkapitalausstattung" ortet sie bei der alljährlich von der AK Wien durchgeführten Branchenanalyse.

"Durchschnittlich erzielten die Unternehmen im Vorjahr ein nominelles Umsatzplus von 5,0 Prozent. 75 Prozent der untersuchten Betriebe verzeichneten einen Anstieg, die höchsten relativen Zuwächse verzeichnete der Kfz-Handel mit 9,4 Prozent. Die sogenannte EBIT-Quote (Anteil des Betriebserfolges an den Umsätzen) stieg von 1,6 auf 1,8 Prozent", rechnete die AK heute in einer Aussendung vor.

Kräftig zugelegt haben die Dividenden, hier gab es bei den untersuchten Handelsbetrieben ein Plus von 20 Prozent.