EZB-Chef Mario Draghi schafft es mit seinen Äußerungen immer wieder, den Kurs des Euros deutlich zu beeinflussen. Gleich zu Jahresbeginn fiel die Gemeinschaftswährung auf 1,2033 US-Dollar, nachdem der Notenbankchef in einem Interview mit dem Handelsblatt das Deflationsrisiko als „höher als vor sechs Monaten“ bezeichnete. Fallende Preise sind Gift für Volkswirtschaften: Unternehmen erwirtschaften weniger Gewinne, die Konsumenten halten sich mit Ausgaben zurück und die Zahl der Arbeitslosen steigt.

Für Marktbeobachter gilt die Aussage Draghis daher als Zeichen dafür, dass die EZB schon Ende Jänner mit der Ausweitung der Staatsanleihenkäufe beginnen könnte. Die Analysten der Raiffeisen Research rechnen damit, dass die Notenbank 700 Milliarden Euro über Ankäufe in den Geldmarkt pumpen wird. Auch die Leitzinsen dürften im kommenden Jahr extrem niedrig bleiben. Die Erste Bank rechnet erst 2017 mit steigenden Zinsen.

Doch die Politik des billigen Geldes stößt vor allem in Deutschland auf scharfe Kritik. Der Deutsche Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon warnt: „Niemand darf für alle Ewigkeit auf so niedrige Zinsen setzen.“ Er fürchtet, dass die Menschen den Eindruck bekommen, dass sich Sparen und finanzielle Vorsorge nicht mehr lohnen würden. Ähnlich sieht das auch Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble. Er befürchtet auch, dass viel billiges Geld Staaten davon abhalte, wichtige Strukturreformen voranzutreiben. Er warnt davor, die ultralockere Geldpolitik der USA zu kopieren.

Stimmrechte verändert

Die deutsche Stimme im EZB-Rat ist der Bundesbankchef Jens Wiedmann, ein stetiger Kritiker der Politik Draghis. Allerdings hat er nur wenige Unterstützer im Rat der Notenbanker. Durch eine Veränderung der Stimmrechte sinkt der Einfluss des Deutschen. Im Mai darf Wiedmann erstmals keine Stimme bei der geldpolitischen Entscheidung abgeben. EZB-Chef Draghi hat außerdem klargestellt, dass er den umstrittenen Ankauf von Anleihen nötigenfalls auch ohne einstimmigen Beschluss durchsetzen werde.

Er hat auch keine Wahl. Die Märkte rechnen bereits mit der Geldspritze. Sollte Draghi zögern, dürfte das für einen kräftigen Kursrutsch an Europas Börsen sorgen.