Es ist eine positive Bilanz, die Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich, für 2023 zieht. Es gäbe einen gut funktionierenden dualen Markt bestehend aus einem geförderten und einem gewerblichen Sektor. Der „1. Österreichischer Neubaubericht“ dokumentiere, dass die heimische Immobilienwirtschaft in den vergangenen Jahren „erheblich viel gebaut hat“. Ohne diese enorme Leistung gäbe es, wie er sagt, bereits heute eine beängstigende Wohnraumverknappung am Immobilienmarkt und damit signifikante Preissteigerungen sowohl im Eigentums- als auch im Mietsektor. 

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38.000 Fertigstellungen heuer

„Aufgrund von Verschiebungen der prognostizierten Fertigstellungszahlen in die ersten beiden Quartale 2024 bleiben die Zahlen für 2024 noch relativ stabil, wenngleich sie nicht mehr an die Rekordzahlen der vergangenen Jahre anschließen können“, führt Alexander Bosak von Exploreal aus. Exploreal erstellt seit 2022 im Auftrag der WKÖ laufend Auswertungen über bundesweite Neubau-Wohnbauprojekte, die sich am Jahresende im „Ersten österreichischen Neubaubericht“ wiederfinden.

„Derzeit rechnen wir mit 38.700 fertig gestellten Neubaueinheiten im gesamten Bundesgebiet für dieses Jahr,“ sagt er. Die Anzahl der erwarteten Fertigstellungen gehe voraussichtlich bereits heuer gegenüber den Vorjahren leicht zurück. „Für das kommende Jahr wird bereits eine deutlich niedrigere Fertigstellungszahl erwartet (minus 12 Prozent), für die Jahre danach seien über alle Segmente noch deutlich weniger Wohneinheiten in der Pipeline (nach 2025: minus 33 Prozent).

Einbruch 2025

„Das ist ein Trend, der sich weiter forsetzt“, berichtet Bosak. Branchensprecher Gollenz ergänzt: „Durch die erstmals weitestgehend vollständige Datenerfassung im 1. Österreichischen Neubaubericht können wir als Fachverband wesentliche Prognosen für die Zukunft des Immobilienmarktes faktenbasiert und mit hoher zutreffender Wahrscheinlichkeit für unsere Mitglieder und für Konsumenten abbilden. Ich halte daher fest, dass die Preise im jetzt fertiggestellten Neubau bundesweit nicht fallen werden. Wir können klar ableiten, dass sich das Angebot in den kommenden Jahren verknappt, während die Nachfrage weiterhin steigt.“

Topsegmente Neubau und sanierter Altbestand

„Es gibt am Wohnungsmarkt wie in jeder anderen Branche unterschiedlichste Angebote in den verschiedenen Preiskategorien. In den jüngsten Jahren fertiggestellte Neubauten zählen, wie auch ökologisch nachhaltig sanierte Altbauten, zu den am meist nachgefragtesten Wohnimmobilien“, lautet die Expertise. Gleichzeitig seien die Baukosten solcher Projekte, insbesondere in städtischen Lagen, überdurchschnittlich hoch. „Ein derartiges Qualitätsprodukt wird daher nicht im Preis sinken - und auch nicht im Wert.“

Die „richtigen Zahlen“ kennen

„Wer heute in diesen beiden Segmenten kauft, kauft am günstigsten“, sagt Bauträgersprecher Hans Jörg Ulreich. „Ausnahmen und Abverkäufe von Unternehmen, die finanziell in der Krise sind, hat es immer gegeben und wird es immer geben, sind aber für den Gesamtmarkt alles andere als repräsentativ“, so Ulreich weiter.

„Es ist enorm wichtig, nicht allgemeine Zahlen zum Immobilienmarkt über einen Kamm zu scheren oder sich ausschließlich über Plattformen oder Meinungsumfragen ein Marktbild zu machen“, wirbt Gollenz für die Datensammlung bzw. Expertise des Fachverbandes.

6244 Euro/m2 Durchschnittspreis

Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise für Neubaueigentumswohnungen im Angebot sind österreichweit in den letzten vier Jahren kontinuierlich gestiegen, in der Trendbetrachtung um durchschnittlich 8,6 Prozent im Jahr auf nunmehr 6244 Euro pro Quadratmeter im letzten Quartal 2023. „Im Verlauf des Jahres 2023 wurden die Preise Anfang des Jahres überdurchschnittlich erhöht, nach einer Stagnation zwischen zweitem und dritten Quartal steigen die Preise im letzten Quartal wiederum“, heißt es bei Exploreal. 

Kärnten und Steiermark

Zum Verhältnis von Angebot und Nachfrage lässt sich aus der neuen Analyse ableiten: In Kärnten sind die Entwicklungen von Fertigstellungszahlen im Neubau und Haushaltszuwächsen in etwa gleich verlaufen, hier warten aber noch Boomjahre. Ganz anders in der Steiermark (hier insbesondere Graz): Seit 2017 liegen die Fertigstellungszahlen (laut Statistik Austria) deutlich über dem Haushaltszuwachs. „Spätestens 2025 sehen wir einen starken Rückgang“, lautet die Prognose.

Die Preisentwicklung

In Kärnten liegt der Angebotspreis von Neubauwohnungen im Schnitt bei 5628 €/m². Der Preisanstieg war mit knapp 14 Prozent im letzten Jahr im Trend deutlich. In der Steiermark stiegen die Neubaueigentumspreise im letzten Jahre ebenfalls deutlich um 14,1 Prozent, noch einmal verstärkt im letzten Quartal, auf nunmehr 4650 Euro pro Quadratmeter.

Im Bundesländervergleich zeigt sich deutlich: Tirol und knapp dahinter Wien waren deutlich teurer als die anderen Bundesländer, es folgen Salzburg vor Kärnten. Im Vergleich zu 2022 ist der größte Anstieg in Kärnten und Salzburg, gefolgt von der Steiermark und Tirol zu verzeichnen. In Wien sind die Preise am geringsten um 4 Prozent und damit deutlich unter der Inflation gestiegen