Henrik Kristoffersen wirkt entspannt, bevor es heute um 10 Uhr auch für die Herren mit der neuen Saison losgeht. Was bei ihm nicht viel heißt, denn die Lockerheit seiner Abfahrtskollegen Kjetil Jansrud oder Aksel Lund Svindal, die wird er nie haben. Braucht er auch nicht. Klar ist: Mit 25 Jahren soll er die Nachfolge von Marcel Hirscher antreten als Sieger des Gesamtweltcups. Ein Druck, der Kristoffersen bewusst ist. "Eines ist klar: Die Wettquoten auf mich sind in dieser Saison wohl niedriger als im Jahr davor. Aber ganz ehrlich: Das macht es um nichts leichter. Den Weltcup zu gewinnen, das wird immer sehr, sehr schwierig bleiben."

HIER geht es zum Liveticker des Rennens

Kristoffersen bekennt, dass er es durchaus gern noch einmal die Chance gehabt hätte, Hirscher auf der Piste zu schlagen. "Das war schon letztes Jahr der Plan. Da hieß es auch, ich muss ihn schlagen, weil er schon in Richtung Karriereende geht. Aber das war offenbar zu viel für mich. Es war ein großes Ziel in zu schlagen und ich hoffte, dass ich noch eine Chance bekomme. Die gibt es nicht - und der einzige, dem ich vorwerfen kann, die Chancen nicht genützt zu haben, bin ich."

Der Gesamtweltcup im Kopf verdrängte offenbar den Blick aufs Wesentliche. Und den hat Kristoffersen nun wieder, wie er beteuert. Indem er sich eines in Erinnerung ruft: "Ich würde nicht sagen, dass mir die große Kugel nichts bedeutet, aber ich denke nicht an sie." Warum? "Weil mir eingefallen ist, was der schönste Moment im Skisport ist. Der, an dem du über die Linie fährst und das grüne Licht siehst, den Sieg fixiert. Da kommt das ganze Adrenalin, nicht erst dann, wenn du die Medaille umgehängt bekommst."

Die Folge: Kristoffersen konzentriert sich nur auf den Moment, die Ziellinie. Und das Ziel, diese am schnellsten zu erreichen: "Darauf konzentriere ich mich. Und insofern hat das Ende von Marcel an meiner Motivation nichts geändert." Im Gegenteil. Kristoffersen hat heuer endlich alle Probleme aussortiert. Der Gerichtsstreit mit dem norwegischen Verband ging zwar verloren, Kristoffersen darf Red Bull nicht als Kopfsponsor haben. Trotzdem zahlt der Energy-Drink-Konzern ein Drittel seines "Privatteams" im Team, ein Drittel der Verband, ein Drittel er selbst. "Ich kann eben nur ändern, was ich mache. Nie das, was die anderen machen. Deshalb ist mein Umfeld jetzt auf mich und meinen Vater ausgerichtet. Und ich habe noch härter gearbeitet als zuvor."

Und obwohl "alles auf mich abgestimmt ist", wie er sagt, weiß er: "In diesem Sport ist alles so eng. Es muss perfekt laufen, wenn du gewinnen willst. Und es gibt nie eine Garantie, dass es klappt. Nie." Klar ist aber auch: Selbst wenn Kristoffersen angeblich nicht an die große Kugel denkt, will er sie: "Und zwar öfter als einmal. Andere Norweger vor mir haben sie ja auch schon öfter als einmal gewonnen. Und ich will besser sein ..."