Spätestens wenn der erste Bolide am heutigen Mittwoch auf den Asphalt in Bahrain rollt, beginnt nicht nur offiziell die neue Saison in der Formel 1, sondern vor allem auch das große Pokern. Bei den Testfahrten vor dem WM-Start gab es schon etliche „Weltmeister“, die in Folge nichts mit dem Titel zu tun hatten, andererseits sah man in den vergangenen Jahren auch immer wieder Tendenzen, die sich zumindest durch die ersten Wochen einer Saison teilweise bestätigten.

Im Vorjahr fuhren Max Verstappen, Guanyu Zhou und Sergio Perez die Bestzeiten bei den Tests in der Wüste ein. Während sich die Dominanz der Bullen am ersten und dritten Tag berechtigterweise andeutete, hatte der Chinese im Alfa Romeo (jetzt Stake F1 Team) 2023 wenig mit den vorderen Plätzen zu tun. Ein Jahr zuvor sagten viele Experten Ferrari nach den Übungsrunden in Barcelona und Bahrain eine vielversprechende Saison voraus, was mit Abstrichen auch eintrat. Die Scuderia schien zu Beginn der WM 2022 das schnellste Auto zu haben, zahlreiche Fehler im Verlauf des Jahres machten Charles Leclerc den Titel damals zunichte.

Schnell für die Sponsoren

Grundsätzlich lassen sich also immer wieder Tendenzen erkennen, in welche Richtung es für Teams gehen könnte. Blind darauf verlassen darf man sich als Beobachter aber nicht, pokern die Rennställe wie in den Freien Trainings während einer Saison auch bei den Testfahrten. Vor allem für die sogenannten „Nachzügler“ ist es dabei äußerst verlockend, mit wenig Spritmenge und bestem Setup eine enorm schnelle Runde zu drehen, um Aufmerksamkeit zu bekommen und die Sponsoren im Hintergrund damit zufriedenzustellen. Nervös werden die Großen also nicht so schnell, wenn sich ein Team aus dem hinteren Feld schnell einmal auf eins positioniert.

Das liegt auch daran, dass an der Spitze oftmals die Sonnenbrille aufgesetzt wird, um sich nicht einmal ein bisschen in die Karten blicken zu lassen. Gerne setzt man als einer der Favoriten schon einmal auf einen vollen Tank und dreht Dutzende Runden, um ein ganzes Rennen zu simulieren, ohne seine Qualifying-Pace preiszugeben. Wirklich täuschen lassen sich davon die wenigsten. Abgesehen vom Taktieren geht es für jeden Rennstall nämlich erst einmal darum, so viele Daten wie nur irgendwie möglich zu sammeln. In diesem Jahr vor allem für Weltmeisterteam Red Bull Racing eine spannende Aufgabe. Trotz einer historisch starken Vorsaison gehen die Bullen mit einem nahezu komplett neuen Konzept des Autos an den Start. Auf den RB20 werden deshalb wohl die meisten Blicke gerichtet sein. Doch auch Teams wie Ferrari und Alpine gehen nahezu völlig neue Wege mit ihren Boliden. Ob es der richtige war, zeigt sich ab Mittwoch.