Die Gazzetta dello Sport, dem italienischen Rennstall Ferrari eng verbunden, inszenierte den siebenmaligen Weltmeister auf der Titelseite bereits im ferrariroten Fahreranzug und schrieb von einem „roten Schlag“. Nun wachse da in Maranello ein „Dream-Team“ mit dem zweiten Piloten Charles Leclerc heran. Hamiltons am 1. Februar verkündeter Wechsel von Mercedes zu Ferrari sei „spektakulär“. Neun Seiten bekamen die Leser über den angeblichen Jahrhundert-Deal zu lesen.

Sogar der Bürgermeister von Maranello meldete sich zu Wort. „Es wird sehr aufregend sein, einen der besten Fahrer am Steuer des kultigsten Autos der Welt zu sehen“, sagte Luigi Zironi der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Die Magie des roten Rennautos, der „rossa“, wie Zironi den Formel-1-Wagen nennt, zusammen mit dem Können des siebenfachen Weltmeisters Hamilton ließen Großes erwarten. „Die Fahrer-Paarung zusammen mit dem kristallklaren Talent von Leclerc wird eines der beeindruckendsten überhaupt in der Formel 1 sein“, ist sich Bürgermeister Zironi schon jetzt sicher.

Hoffen Magnet-Effekt

Experten in Italien hoffen auf einen Magnet-Effekt. In dem Sinne, dass zusammen mit dem Briten Hamilton auch einige der besten Techniker zu Ferrari umsiedeln könnten. „Wir hatten in den vergangenen Jahren vor allem technische Probleme“, sagt ein Tifoso in Maranello. „Hier sind schon alle verrückt nach Hamilton“, schrieb Ansa. Auch das italienische Staatsfernsehen Rai war bereits in der kleinen Gemeinde vor Ort. 17 Jahre ist es her, dass der Pfarrer von Maranello die Kirchenglocken läuten ließ, anlässlich des letzten Formel-1-Titels von Kimi Räikkönen. Alle erinnern sich in Maranello an jene großartigen Sternstunden. Wie die Formel-1-Boliden auf einer Parade durch das Dorf gesteuert werden, überall ein Meer roter Ferrari-Fahnen.

Der letzte wahre Mythos in Rot war eng mit dem Namen Michael Schumacher verbunden. Der Formel-1-Pilot aus Deutschland bescherte Ferrari fünfmal hintereinander die Weltmeisterschaft (2000-2004). Diese Zeiten liegen lange zurück. „Mit Hamilton können wir es schaffen“, sagte ein Ferrari-Fan, den die Rai vor dem Ferrari-Museum in Maranello interviewte. „Hast du gesehen, wie die Börse reagiert hat?“, fragte ein anderer. Der Ferrari-Titel war am Freitag nach Bekanntwerden des Engagements von Hamilton um mehr als neun Prozent auf ein Rekordhoch in die Höhe geschossen. 

Sir Hamilton

Dass „Sir Hamilton“, wie ihn die Turiner Sportzeitung Tuttosport in Anspielung auf seinen Ritterschlag bezeichnete, für einen Spitzensportler schon als älteres Semester gilt, ist in Maranello auch ein Thema. „Er muss halt in die Pedale treten wie früher“, spottete ein älterer Tifoso. Ein anderer sagte: „Wir haben wirklich schwierige Jahre hinter uns. So ein Ruck war unbedingt notwendig.“ Viele sprechen vom „Hamilton-Effekt“, damit ist die Hoffnung verbunden, dass der Rekordweltmeister Ferrari zu einer neuen Renaissance verhilft. 

In Italien diskutieren die Tifosi auch die Frage, was einen Serien-Weltmeister wie Hamilton dazu bewogen haben könnte, zu Ferrari zu wechseln, wo doch andere Rennställe derzeit schnellere Autos konstruierten. „Jeder Formel-1-Rennfahrer erliegt irgendwann der Anziehungskraft der macchina rossa“, des roten Wagens, schloss die Gazzetta dello Sport. Sollte der Brite auch mit Ferrari Weltmeister werden, „würde ihn das zur Legende machen“.