Mensch, das waren noch Zeiten. Im Herbst 2015 stand Österreich kopf und die gesamte Fußballnation hinter der Mannschaft, die sich zum ersten Mal auf sportlichem Weg für die Endrunde einer Europameisterschaft qualifiziert hatte. Das Ernst-Happel-Stadion platzte aus allen Nähten, Karten waren maximal noch am Schwarzmarkt und dies um Wucherpreise zu haben.

Vier Jahre später hat die Nationalmannschaft neuerlich die Chance auf eine Endrundenteilnahme, eine ausgezeichnete noch dazu. Doch nach derzeitigem Stand werden am Donnerstag um 20.45 Uhr beim Match gegen Israel viele Sektoren in der Arena im Wiener Prater weniger von Menschen, als vielmehr von gähnender Leere gefüllt sein. Etwas mehr als 20.000 Karten sind bisher verkauft, 48.000 aber haben Platz.

Dieser nicht zufriedenstellende Umstand löst einerseits Unverständnis aus, andererseits liegen aber die Gründe für das Ausbleiben der Fans auch für ÖFB-Präsident Leo Windtner auf der Hand. „Die Leute bekommen permanent Topfußball ins Haus geliefert“, spricht der Fußballboss die praktisch schon tägliche TV-Berichterstattung an. Die Folge sei, sagt Windtner, „ein gewisser Übersättigungseffekt“.

Da aber erstens die Mehrheit der potenziellen Fernsehkonsumenten über keinen Zugang zum sogenannten Pay TV verfügt und zweitens die erfolgreichen Klubmannschaften wie etwa Salzburg keineswegs unter Publikumsmangel zu leiden haben, reicht diese Erklärung nicht aus. Das weiß auch Windtner.

Veraltete Arena

Schon wesentlich plausibler klingt daher der nächste Deutungsversuch, denn dieser betrifft konkret das schon seit geraumer Zeit ins Zentrum der Kritik gerückte vergleichsweise uralte Wiener Stadion. „Wir wissen, dass die Infrastruktur nicht optimal ist, die Fans sind mittlerweile moderne Gegebenheiten gewohnt“, meint Windtner, das treffe auf das Happel-Stadion ganz und gar nicht zu.

Denn der Komfort ist ebenso endenwollend wie die Sicht. „Wenn ich in der Kurve sitze, bin ich 200 Meter weg vom Geschehen“, weiß Windtner. Da reicht ein Operngucker nicht mehr aus, da muss der Besucher schon zum Feldstecher greifen, um Details des Matches tatsächlich live verfolgen zu können.

Die nächste für viele mögliche Zuschauer unüberwindbare Hürde ist der einigermaßen menschenunfreundliche Zeitpunkt, an dem das vorentscheidende EM-Qualifikationsspiel gegen Israel angesetzt wurde. Ein Donnerstag um 20.45 Uhr im normalerweise schon sehr kühlen Herbst lädt nicht zum längeren Verweilen ein, vor allem nicht in Verbindung mit den anderen Unzulänglichkeiten.

Teamchef Franco Foda bezeichnete den Termin gar als „Wahnsinn“. Der Nationaltrainer hat dabei zweierlei im Auge, nämlich die dadurch bedingte extrem kurze Vorbereitungszeit und andererseits die familienfeindliche Ausrichtung. Der nächste Tag ist für die breite Masse weder schul- noch arbeitsfrei. Ungeachtet dessen richten Präsident, Teamchef und auch die Spieler einen Appell an die Fans, der Mannschaft im Stadion beizustehen.

Sportdirektor Peter Schöttel hätte sich trotz der genannten widrigen Umstände hinsichtlich des Publikumsinteresses „mehr erwartet“. Schließlich berge das Spiel „extreme Brisanz“, wie etwa der starke Österreich-Bezug beim Gegner mit Teamchef Andi Herzog und Sportchef Willi Ruttensteiner sowie die sportliche Ausgangslage. „Allein deswegen hoffe ich immer noch, dass es in Richtung ausverkauftes Haus geht“, sagte Schöttel.