Sein Treffer stellte die Weichen zum historischen Abend: Marcel Sabitzer brachte Österreich nach 29 Minuten in Wien gegen Deutschland in Führung. Letztlich wurde es ein – hochverdientes – 2:0. Sein Tor beschreibt der Dortmunder so: „Es geht so schnell ... Ich krieg den Ball außen, versuche den Gegner im Dribbling mit einem Übersteiger auf die falsche Seite zu locken und hoffe, dass er den langen Schritt macht beim Blocken. Der Schuss hat sich gleich gut angefühlt, als er vom Fuß weg war. Ich war erleichtert“, sagt der 29-Jährige. Nach außen nimmt er seinen 17. Treffer im Teamdress cool. Innen muss sich der Erfolg über die Deutschen aber auch für ihn sensationell angefühlt haben. 

Die Analyse des Spiels? Fällt kurz, aber prägnant aus: „Wir hätten schon viel früher in Führung gehen müssen, wir hatten zwei Hundertprozentige. Von dem her war das Momentum gut, vor der Halbzeit doch noch in Führung zu gehen“, sagt der Steirer. Und: „Wir haben sehr viel wegverteidigt, wir haben sie gestresst, sie gar nicht ins Spiel kommen lassen. Sie haben in den ungefährlichen Räumen rumkombiniert, das können sie gerne machen. Es war sehr souverän, verdient, ein überzeugender Sieg.“  

Ein Tor, das angekündigt war, irgendwie. „Meine Frau hat mir vor dem Spiel noch geschrieben, dass ich ein Tor schießen werde. Dem wollte ich natürlich gerecht werden, ich will ja keinen Ärger bekommen zu Hause“, sagte Sabitzer lachend. „Also hab ich es auch für sie geschossen.“ Ein Tor, das wohl auch Anlass gibt, bei der Rückkehr nach Dortmund ein wenig den Schmäh laufen zu lassen. „Ein, zwei Sprüche wird es vielleicht geben, mehr aber nicht. Wir haben in Dortmund genug andere Themen derzeit, da bleibt keine Zeit für viele lustige Sprüche.“

„Die Kirche im Dorf lassen“

Sabitzer hebt auch nach dem zweiten Sieg in Folge gegen Deutschland nicht ab, im Gegenteil. „Man muss die Kircher im Dorf lassen“, warnt er. „Wir hatten vor der EM 2016 auch extreme Euphorie – und sind dann extrem auf die Schnauze gefallen. Das wollen wir nicht wieder.“ Dabei sei klar, dass „wir uns natürlich weiterentwickelt haben“. Was man an diesem Abend von vielen Spielern hört: „Die großen Nationen sehen, was wir spielen. Sie sehen, dass wir eklig sein können, dass wir auch Qualität am Ball haben. Wenn wir bei 100 Prozent sind, wenn alle Mann an Bord haben, dann tut sich jede Mannschaft schwer“, sagt Sabitzer und lobt die Leistung nochmals: „Ich denke, souveräner hätten wir es heute nicht machen können.“ Nie habe das Team auf dem Feld das Gefühl gehabt, dass die Partie entgleiten könne. „Du entwickelst immer ein Gefühl, nach fünf, nach zehn Minuten. Und das war, dass wir es unter Kontrolle hatten. Wir hatten durch Gregerl gleich zwei Hunderter, die kann er auch machen. Wir waren sofort da, sie haben das auch gespürt. Wir hatten ein paar Umschaltmomente, wenn wir die besser ausspielen, dann kannst du noch ein, zwei Tore machen. Gegen den Ball war es sehr stark, mit Ball gibt es ein bisschen Luft nach oben“, analysierter er.

Um dann bei der Frage einer deutschen Journalistin, wie das denn mit der „Emotionalität“ im ÖFB-Team aussehe, beinahe zu lächeln: „Emotionalität, auch Mentalität – das ist nicht einmal ein Thema bei uns. Wir haben eine klare Spielphilosophie, einen klaren Plan, dem wir folgen. Wir sind extrem dankbar und zufrieden mit dem Trainerteam, deshalb arbeiten wir so gerne zusammen. Und klar haben wir noch viele Themen, aber fehlende Emotionalität? Nein, mit Sicherheit nicht.“ Vielmehr habe die Mannschaft den Hunger entwickelt, immer mehr zu wollen: „Wir wollen immer gewinnen. Gegen jeden, egal, wer kommt. Das ist jetzt in der Mannschaft drinnen.“

Um dann doch zu offenbaren, dass der Sieg gegen Deutschland natürlich ein besonderer sei. „Wir sind glücklich, denn wir wollten unbedingt gewinnen. Wir haben das vor dem Spiel sicher alle auch zehnmal angesprochen. Dass es gelungen ist, macht uns stolz. Die Fans stehen hinter der Mannschaft, wir wollten ihnen was zurückgeben.“ Schlusssatz: „Und dann kannst du als ganzes Land etwas entwickeln, und das sieht man derzeit auch.“