Es hat sie trotz des Double-Trubels gegeben. Die Momente der Ruhe, in denen Andreas Schicker tief in sich gehen und nachdenken konnte. Bleiben oder gehen? Weiter Sturm oder das Angebot eines anderen Vereins annehmen? Was der 37-Jährige vernahm, als er auf Kopf, Herz und Bauch hörte, ist seit Donnerstag offiziell. Die Mission des Sportchefs in Graz ist noch nicht beendet, einer der Architekten des Erfolgs bleibt dem Meister und Cupsieger erhalten.

„Ich habe mich in den vergangenen zwei Tagen intensiv mit meiner Zukunft beschäftigt und auf mein Bauchgefühl gehört“, erzählt Schicker, „ich bin der Meinung, dass dieser Weg, den wir alle gemeinsam gegangen sind, noch nicht zu Ende ist.“

Teil der nächsten Etappe ist die Champions League. Schicker hofft, dass die Königsklasse spielerseitig beim einen oder anderen Wechselkandidaten das Motiv für einen Verbleib sein könnte. So gesehen ging er mit gutem Vorbild voran: „Natürlich ist auch die Champions League ein Argument. Mit den Besten der Besten zu spielen, ist grundsätzlich etwas Besonderes. Wenn ich als Steirer den SK Sturm, einen Mitgliederverein, in einem Topf sehe, ist das einfach unbeschreiblich.“

Am Montag bei der Double-Feier am Grazer Hauptplatz schnappte sich der „Steirerbua“ das Mikrofon und legte ein Solo der inoffiziellen Sturm-Hymne „Steiermark“ hin. Als Indiz seines Verbleibs wollte Schicker diese Gesangseinlage nicht verstanden wissen. Man weiß auch so, wie heimatverbunden er ist. Genauso wenig ein Geheimnis ist, dass die deutsche Bundesliga sein großes Ziel ist.

Auszeichnung für Sturm Graz

Zu Beginn des Jahres gab es Kontakt zu Werder Bremen. Inzwischen hat Sturm den heimischen Branchen-Leader aus Salzburg in beiden nationalen Wettbewerben hinter sich gelassen. Dass dies internationale Aufmerksamkeit mit sich bringt, ist eine logische Konsequenz. „Dieses Interesse ist eine Auszeichnung für Sturm Graz und die Arbeit, die hier geleistet wurde“, findet Schicker, der seit über vier Jahren die sportlichen Voraussetzungen dafür schafft, dass gut gearbeitet werden kann.

Die TSG Hoffenheim war es, die besonders hartnäckig um Schicker gebuhlt hat. Der Steirer galt als absoluter Wunschkandidat von Mäzen Dietmar Hopp höchstpersönlich. Meldungen, dass man ihn in Sinsheim nicht vorbehaltlos willkommen heißen würde, könnten Schickers Bauchgefühl beeinflusst haben. Dies wäre etwa angesichts des geschmacklosen Transparents von Hoffenheim-Anhängern, das auf Schickers Pyrotechnik-Unfall 2014 anspielte, verständlich: „Böllerwerfer haben in Hoffenheim nichts verloren.“

Ilzer-Zukunft? Noch ist es ruhig

Monetär - sowohl das eigene Salär, als auch das sportliche Budget betreffend - wäre der Klub aus dem Kraichgau eine andere Welt gewesen. Sich dies anzuhören, ist völlig legitim. Dass Schicker mit seiner Entscheidung für Sturm „frühzeitig Klarheit für alle potenziellen Interessenten“ geschaffen hat, lässt die Sturm-Familie zumindest mittelfristig aufatmen.

 Der eine Meistermacher bleibt, wie schaut es beim anderen aus? Trainer Christian Ilzer steht gleich wie sein Sportchef noch bis 2026 unter Vertrag. Ein öffentliches Bekenntnis wie jenes von Schicker, mit Sturm in die neue Saison zu gehen, steht noch aus. „Wenn ein außergewöhnliches Angebot kommt, muss man schauen. Aber derzeit ist es wirklich ruhig, was das betrifft“, beruhigt Schicker, „Fakt ist, dass wir intensiv und tagtäglich mitten in den Vorbereitungen für die nächste Saison stecken.“

Die Klarheit in eigener Sache ist gleichzeitig ein Signal an die zahlreichen Spieler, intern wie extern, mit denen er in Kontakt steht. Dazu gehört auch das Bemühen, Mika Biereth erneut von Arsenal nach Graz zu lotsen. Diese Transferzeit wird noch intensiv genug: „Wir arbeiten alles der Reihe nach ab. Aber es tut sich sicher etwas.“

An Arbeit wird es bei Sturm wohl nie mangeln. Wobei er diesen Stress zumeist ohnehin als Genuss empfindet. Einzig Auswirkungen auf die eigene Optik würden sich nicht verhehlen lassen, lacht Schicker: „Ich habe diesen Job mit 33 angetreten, heute schätzen sie mich auf 45. Dabei bin ich noch nicht mal 38. Natürlich ist es ein herausfordernder Job.“