Spitzenreiter gegen Spitzenreiter – die Fußball-Steiermark erlebt heute (20.30 Uhr) innerhalb von 379 Tagen das zweite Grazer Derby im ÖFB-Cup-Achtelfinale – nach zuvor 15-jähriger Ebbe. Zum insgesamt 199. Mal lautet das Duell GAK gegen Sturm. Wieder ist Fußball Gesprächsthema Nummer eins unter den Anhängern. Wieder kommt es zu Wetten zwischen schwarzen und roten Fans. Die Stadt und die Steiermark leben Fußball. Beide Klubs sind aktuell in ihren jeweiligen Ligen erfolgreicher als alle anderen Vereine in Österreich. Es herrscht Euphorie unter den Anhängern, es kommt Applaus von Fußball-Interessierten. Die düsteren Zeiten der Vergangenheit – Stichworte Konkurs und Ausgleich – stehen derzeit nicht im Fokus, dienen aber stets als Mahnmal, wie schnelllebig der Sport im Allgemeinen und der Fußball im Speziellen sein kann. Den Doppelpass von zu Tode betrübt bis himmelhochjauchzend möchte man jetzt und in der Zukunft tunlichst vermeiden.

Der GAK arbeitete sich in den letzten Jahren von der letzten Spielklasse in die 2. Liga, feierte auf dem Weg dorthin sechs Meistertitel in Serie und könnte in dieser Saison nachholen, was im abgelaufenen Spieljahr so knapp verpasst wurde: den Aufstieg in Österreichs höchste Spielklasse. Sturm surft seit der Führung von Sport-Geschäftsführer Andreas Schicker und Trainer Christian Ilzer auf der Erfolgswelle, holte zuletzt zwei Vizemeister-Titel, triumphierte im ÖFB-Cup und spielt aktuell zum dritten Mal in Folge in der Europa League.

Präsident sieht das Problem

Einen großen Kritikpunkt gibt es aber am aktuellen Geschehen. Der Anteil an steirischen Akteuren hält sich bei beiden Klubs – milde ausgedrückt – in Grenzen. Während vom derzeitigen Kader des SK Sturm mit Niklas Geyrhofer und Leon Grgic nur zwei Steirer auf insgesamt gerade einmal 200 Einsatzminuten in Pflichtspielen brachten, sieht es beim GAK mit Jakob Meierhofer, Christoph Nicht, Michael Lang, Marco Perchtold, Benjamin Rosenberger und Martin Murg etwas besser aus. Was das für den steirischen Fußball bedeutet? „Es ist natürlich ein Wermutstropfen dabei“, sagt Wolfgang Bartosch, der Präsident des Steirischen Fußballverbandes, und geht ins Detail. „Dem GAK fehlt noch der Unterbau, da der Sprung von der Unterliga, in der die zweite Mannschaft spielt, zur 2. Liga viel zu groß ist. Und Sturm hat den Anspruch, in Österreich um Titel mitzuspielen und im Europacup dabei zu sein. Das ist eine immense Herausforderung, die quasi fertige Spieler voraussetzt. Da wir als steirischer Verband Teil der Akademie Steiermark-Sturm Graz sind, sehen wir es als Problem, dass keiner der Akademiespieler bei den Profis durchstartet.“

Wolfgang Bartosch
Wolfgang Bartosch © Fuchs Juergen

Blickt man sich in Österreich und auch im Ausland um, gibt es aber zahlreiche Fußballer aus der Steiermark, die als Profi Karriere machen. „Die ganz guten Spieler sind aber nicht billig, teilweise sogar teurer als Toplegionäre“, meint Bartosch. „Am Ende ist es auch ein Spiegelbild zum Amateurfußball. Da werden auch Legionäre geholt, weil sie günstiger sind.“

Trotz des berechtigten Tadels kommt der Verbandspräsident bei der Analyse des aktuellen Geschehens ins Schwärmen. „Wir erleben gerade einen absoluten Boom im steirischen Fußball. Sturm führt die Bundesliga an. Auch Hartberg ist sensationell unterwegs und hat die Top sechs in Griffweite. Dazu kommt der GAK, dem ich wünsche, dass er aufsteigt. Zwei Bundesligisten aus Graz wären eine Bereicherung. Und der steirische Fußball wäre noch mehr Gesprächsthema – auch weil die anderen Zweitligisten sehr gut spielen und Voitsberg gute Chancen hat, in die 2. Liga aufzusteigen“, sagt Bartosch, der sich auch einen positiven Effekt erhofft. „Die Infrastruktur ist natürlich ein Problem, das gelöst gehört. Wir platzen schon bei Trainingsmöglichkeiten aus allen Nähten.“

Freude auf ein Fußballfest

Das macht sich auch dadurch bemerkbar, dass ein regelrechter Fußballboom im Gange ist. „Sportlicher Erfolg ist ein Magnet für den Fußball. Das macht anziehend. Man merkt das bei den Zuschauerzahlen und anhand von Schüben bei Neuanmeldungen. Die Jugend braucht Idole – sei es im Klubfußball oder im Nationalteam. Man darf nicht auf Mittelmäßigkeit hoffen, nur weil es aktuell keine ,Eigenen‘ zu Bundesligastammspielern schaffen.“

Heute freut sich Bartosch jedenfalls auf ein „Fußballfest. Und ich hoffe, dass wir ab der kommenden Saison wieder regelmäßig Grazer Bundesliga-Derbys sehen werden.“