Zum Ibiza-Untersuchungsausschuss liegt ein erstes offizielles Resümee vor. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl hat am Freitag seinen Entwurf für einen Abschlussbericht an die Parlamentsdirektion und die Klubs übermittelt. Er ortet in dem der Kleinen Zeitung vorliegenden Dokument ein "gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis", das zwischen der früheren türkis-blauen Regierung und dem Novomatic-Konzern entstanden sei, auch wenn ein konkreter Deal nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte.

Mit einem "Deal" zwischen den früheren Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ mit der Novomatic ist anhand von Angaben in einer Anzeige gemeint, dass es Glücksspiellizenzen im Gegenzug für das mit der Republik abgestimmte Stimmverhalten in der Hauptversammlung der Casinos Austria AG (Casag) geben habe. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Regierung und Glücksspielkonzern "führte nicht nur zur Vorstandsbestellung des FPÖ-Mannes Sidlo (Peter, Anm.), sondern ermöglichte der Novomatic Mitsprachemöglichkeiten im Bereich des Glücksspiels und die Aussicht auf eine wunschgemäße Änderung des Glücksspielgesetzes", schreibt Pöschl. Die Parlamentsfraktionen reagieren wenig überraschend höchst unterschiedlich auf den Bericht.

"Objektive Vorgangsweise zweifelhaft"

"Ein Motiv, welches teilweise aus den Chats heraus erkannt werden kann, nämlich den österreichischen Einfluss auf die Staatsbeteiligung bei der Casag zu sichern, ist durchaus nachvollziehbar", so Pöschl. "Allerdings war die Vorgangsweise der Regierungsvertreter, das Herauslösen der Novomatic aus einem bestehenden Stimmbindungsvertrag mit der Sazka aktiv zu nutzen und sich bei der Bestellung der Aufsichtsräte mit der Novomatic abzustimmen, geeignet, zu einem Abhängigkeitsverhältnis der Regierung zu führen." Und weiter: "Dieses lässt eine objektive Vorgangsweise nicht nur bei der ab 2027 anstehenden Frage der Neuvergabe von Glücksspiellizenzen, sondern auch bei der aktuell geplanten Novellierung des Glücksspielgesetzes und der Besetzung eines Vorstandpostens zumindest zweifelhaft erscheinen."

Die Vorstandsbestellung von Sidlo sei auch mit der Vorstandsbestellung des ÖVP-nahen Thomas Schmid in der Staatsholding ÖBAG verschränkt gewesen, so der Verfahrensrichter. Weiters sei "negativ zu bewerten, dass insbesondere von Strache (Heinz-Christian, FPÖ, früher Vizekanzler, Anm.) unter Mithilfe von Löger (Hartwig, früher ÖVP-Finanzminister, Anm.) und Schmid massiv auf die Bestellung eines Mitgliedes des Vorstands der Casag Einfluss genommen wurde."

Chats "in auffallender Regelmäßigkeit"

Vizekanzler Strache und Schmid einerseits und der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann andererseits haben laut Pöschl unter Verweis auf ihre Chats, die in "auffallender Regelmäßigkeit" stattgefunden haben, Absprachen getätigt, die "weit über derartige Absprachen unter Aktionären hinaus" gingen: "Zumal Strache für die Vertretung der Aktionärsrechte des Bundes nicht zuständig war". Am Meinungsaustausch habe am Rande auch der nunmehrige Finanzminister und damalige Kanzleramtsminister Gernot Blümel teilgenommen.

"Festzustellen waren zahlreiche sehr intensive Kontakte zwischen Vertretern der Regierung und des BMF mit Vertretern der Novomatic, die weit über Fragen der Anteilsverwaltung hinausgingen", so der Verfahrensrichter. "Als auffälliges Beispiel für die Erwartungen der Vertreter der Novomatic an die damals zukünftige Regierung ist der Chat vom 8.7.2017 zu nennen, in dem Neumann gegenüber Blümel die Auswahl der Kandidaten der ÖVP für die Nationalratswahl 2017 kritisierte, weil 'der Oktober (...) zu wichtig' sei."

Viele Anhörungen wegen Entschlagungen "nicht aufschlussreich"

Der rund 870 Seiten umfassende Bericht beinhaltet auch Empfehlungen des Verfahrensrichters. So solle das Finanzministerium Teile seiner Zuständigkeit im Glücksspielbereich abgeben, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Treffen zwischen Regierungsvertretern und privaten Unternehmen sollten "stets in einer Form wahrgenommen werden, dass dienstliche Kontakte auf das für die Arbeit des Ministeriums Notwendige beschränkt werden". Zudem sollten derartige Treffen in den Akten festgehalten werden.

Eine Reform des U-Ausschusses wünscht sich Pöschl vor allem bei der Vorsitzführung und den Verfahrensrichtern. Viele Anhörungen seien zudem "nicht aufschlussreich" gewesen, weil sich Auskunftspersonen mit Verweis auf laufende Ermittlungen entschlagen hätten. Allerdings hätten die Ermittlungsergebnisse der WKStA, vor allem in Form von Chats, einen breiten Fundus an Beweismitteln geliefert.