Ein Viertel der knapp 600 Delegierten versagten SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Samstag in der Wiener Messehalle die Gefolgschaft. Mehr als 140 Funktionäre stimmten auf dem Bundesparteitag gegen ihre Wiederwahl. Die meisten Parteigranden, die sich danach aus der Deckung gewagt hatten, ließen ihrer Empörung über den Misstrauensbeweis freien Lauf. Einer der mächtigsten SPÖ-Politiker verweigerte auf Nachfrage jegliche Stellungnahme – und lieferte per SMS die Begründung: „Das wäre nicht druckreif.“ „Wem hilft so ein Streichkonzert? Es schadet allein der SPÖ“, grollte auch der steirische SPÖ-Chef Anton Lang, hörbar unzufrieden mit dem Ausgang des Parteitags. Tatsächlich hatte sich keiner der Kritiker in der stundenlangen Debatte vor der Abstimmung zu Wort gemeldet, man kann und darf ihnen Feigheit vorwerfen.

Rendi-Wagner war Montag früh zu Gast im Ö1-Morgenjournal und antwortete auf die Frage, ob sie wisse, wer ihr die Gefolgschaft verweigert habe: "Nach so einem Ergebnis mache nicht nur ich mir Gedanken, so geht es drei Viertel der Delegierten. Ich werde mich den Mutmaßungen nicht anschließen."

"Ich frage mich, wo die Kritiker sind"

Ob Sie wisse, womit man unzufrieden sei? "Am Samstag war unser Parteitag, das höchste Parteigremium. Dort gibt es die Zeit und den Raum, zu diskutieren. Der Sinn dieses Zusammenkommens ist das Diskutieren und Reden, wie die Lösungsansätze der Sozialdemokratie in der Zukunft ausschauen." Bis auf einen einzigen seien die Beiträge sehr, sehr positiv gewesen: "Alle Kritiker und Kritikerinnen, die meinen, die Unzufriedenheit gehe hier durch die Partei: Ich frage mich, wo die sind und warum sie das nicht öffentlich vor dem Vorhang geäußert haben." Und selbstverständlich würden die Diskussionen weitergehen. Doch drei Viertel hätten ihr ihre Stimme gegeben: "Das ist natürlich auch ein Auftrag."

Rendi-Wagner hatte sich vor dem Parteitag die Latte tief gelegt, 71 Prozent. 75 Prozent wurden es dann, aber dennoch liegt das Ergebnis weit hinter den 97,8 von vor drei Jahren. Ob ihr bereits etwas schwante, als sie das Ziel ausgab? Rendi-Wagner: "Bei der Nationalratswahl hatte die stärkste Partei 37 Prozent, wenn das reicht, um ein Land zu führen, dann werden die 75 Prozent auch reichen."

Türkise Elitetruppe

Und was sage es über eine Partei aus, wenn Veranstaltungen abgebrochen werden müssten, wenn so viele Delegierte nach Hause gingen, dass nicht einmal mehr abgestimmt werden könne? Rendi-Wagner: "Das ist natürlich kein gutes Bild, vielleicht war es das Österreich-Spiel am Abend." Aber das solle natürlich nicht sein und müsse auf jeden Fall nachbesprochen werden. Sie sähe aber die Zustimmung vom Parteitag als Zustimmung, "meine Arbeit mit voller Kraft weiterzuführen." Das Land habe mehr verdient als eine türkise Elitetruppe, die nur den eigenen Machterhalt kennt.

Warum sie sich das eigentlich antue? Es sei ja nicht so, dass sie nichts anderes könnte oder zu tun hätte, keine Berufsausbildung hätte, so die Ärztin: "Ich tue das, weil ich zu 100 Prozent davon überzeugt bin, dass es eine stärkere Sozialdemokratie gerade jetzt in Österreich braucht, wo die Wirtschaft in einem Loch steckt, die soziale Schieflage immer schiefer wird. Ich habe die Partei vor zweieinhalb, drei Jahren übernommen, in einer sehr schwierigen Lage, wo niemand Verantwortung übernehmen wollte. Man hat mir immer wieder Steine in den Weg gelegt, ich habe sie aus dem Weg gelegt. Diese Partei hat sich erholt, wir sind in den Umfragen hinauf gegangen, wir haben mehr Vertrauen in der Bevölkerung bekommen. Ich mache es, weil ich aus vollster Überzeugung dahinter stehe."