Das Gespräch zwischen der Regierungsspitze und den Landeshauptleuten heute Nachmittag - manche reisen extra nach Wien an, andere schalten sich per Video zu - verspricht konfliktreich zu werden. Denn die Regierung erwägt offenbar, Lockerungen aber auch Verschärfungen regional unterschiedlich zu gestalten.

Obwohl die aktuellen Zahlen keine großen Öffnungen versprechen, wird angedacht, dass in Vorarlberg - dem einzigen Bundesland, in dem die Coronaampel derzeit Orange leuchtet - durchaus Lockerungen möglich sein sollen. Für regionales Vorgehen haben sich auch die Experten der Corona-Kommission ausgesprochen. Allerdings - und das ist der Knackpunkt - nicht nur bei Öffnungen. Auch verschärft werden müsste regional, wenn es die Situation erfordert.

FPÖ-Obmann Norbert Hofer berichtete nach der Besprechung der Opposition mit der Koalition, dass diese ein Bonus-Malus-System plane. Lockerungen gäbe es damit in Regionen mit niedriger Inzidenz - kolportiert wird eine 7-Tage-Inzidenz unter 100 - dafür aber Verschärfungen bei hohen Fallzahlen. Die Freiheitlichen lehnen das ab.

Für Hofer führt dieser Plan zu einer weiteren Spaltung des Landes und "ist daher abzulehnen". Zudem sei es für Betriebe und Gastronomie nicht hinnehmbar, jederzeit wieder dem Risiko einer Schließung ausgesetzt zu sein, nur weil in der Gegend die Corona-Zahlen ein wenig anstiegen, ärgert sich der FPÖ-Obmann.

Veränderte Lage im Osten

Schon am 4. Februar, unmittelbar bevor Frisöre und Schulen wieder aufsperrten, wies die Kommission in ihrem Bericht explizit darauf hin, „dass gerade aufgrund der nun geplanten bundesweiten Lockerungen, die Möglichkeit von verschärfenden Maßnahmen auf Bezirks- bzw. Landesebene durch den Landeshauptmann zu ergreifen, besteht, wenn dies die epidemiologischen Umstände erfordern.“ Spätestens ab einem Inzidenzwert von 200 sollen Lockerungen zurückgenommen werden, riet die Kommission.

In Wien lag die 7-Tage-Inzidenz seit Jahresbeginn unter 100, die Hauptstadt wurde als erstes Bundesland wieder auf Orange geschaltet. Auch Niederösterreich, Oberösterreich und das Burgenland empfahlen sich vor einem Monat als Kandidaten für eine baldige Orange-Schaltung.

Doch mittlerweile hat sich die Lage verändert: Niederösterreich schrammt mit 196 knapp am kritischen Wert von 200, Wien nähert sich mit 187 dieser Marke mit großen Schritten. Auch in Kärnten (177) und der Steiermark (158) ist der Wert sehr hoch.

Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte zuletzt Gastro-Öffnungen mit Test ausgesprochen. Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) will einen „Kurswechsel“ mit möglichst vielen Lockerungen und Tests. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) möchte unter der Woche am liebsten alles öffnen.

Auch in Vorarlberg steigen die Zahlen

Ausgerechnet jene Bundesländer, die sich für Öffnungen stark machen, weisen derzeit die höchsten Infektionszahlen auf. Unter 100 liegt die Marke nur in zwei Bundesländern, knapp in Tirol trotz der dort grassierenden vermutlich impfresistenteren Südafrika-Variante, und deutlicher in Vorarlberg. Die am Sonntag vermerkten 73 pro 100.000 Einwohner sind freilich auch schon wieder ein Anstieg. Vor einigen Tagen lag der Wert in Vorarlberg noch nahe an der Wunschmarke von 50.

Daraus könnte nun ein „Feldversuch“ im Westen werden, der regionale Lockerungen ermöglicht. In den "Vorarlberger Nachrichten" betonte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), dass er regionalen Spielraum brauche. Öffnungen wären aber nur mit Tests denkbar, dazu müssten laut Wallner auch die Selbsttests akzeptiert werden. Die Kapazitäten der Teststraßen würden nicht ausreichen, um die notwendige Anzahl an Tests zu bewältigen.

Im Osten löst der Plan weniger Freude aus. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) meinte bei einer Pressekonferenz am Montag: "Wenn man über Lockerungen oder vorsichtige Öffnungen nachdenkt, braucht es eine einheitlich bundesweite Strategie." Ähnlich sieht das Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), in der selben Pressekonferenz auf regionale Öffnungen von Hochschulen angesprochen. Er würde "eher" einheitliche Regelungen bevorzugen: "Weil sich das Infektionsgeschehen ja auch verändert und dann ist einmal Kärnten dran, dann vielleicht das Burgenland."

Was man aus Schladming gelernt hat

Neben dem schwierigen politischen Interessensausgleich haben die regionalen Öffnungen haben aber noch einen anderen Haken: „Je kleiner die Einheit, desto größer sind die Ausweichbewegungen“, sagt ein Mitglied der Corona-Kommission: Das habe man gesehen, als etwa im Oktober des Vorjahres Salzburg seien Sperrstunde auf 22.00 Uhr vorverlegte, und sich daraufhin ein Party-Tourismus nach Schladming entwickelte, wo die Lokale länger offen hatten.

Die Empfehlung lautet daher: Wenn regionale Maßnahmen kommen, dann nicht auf Gemeindeebene, sondern gleich für ein ganzes Bundesland.