Wenn es nur darum gehen sollte, die unterschiedlichen Positionen in der Frage Sterbehilfe klar zu machen, hätte "Im Zentrum" in der Nacht auf Montag keine zehn Minuten dauern müssen. Die Eingangsstatements von Marcela Selinger, Tochter einer Schwerkranken, sowie von Herbert Pichler, Präsident des österreichischen Behindertenrats, spannten praktisch die ganze Breite der ethischen Frage auf, über die der Verfassungsgerichtshof derzeit berät.

"Ich habe gesehen, wie viel Entspannung meiner Mutter gegeben hat, dass sie wusste, sie kann in Würde sterben, wenn sie es will", sagt Selinger. 15 Jahre lang habe die Mutter an einer schweren Krankheit laboriert - dass sie gewusst habe, sie könne selbst entscheiden, wann der Tod komme, habe ihr diese Zeit erleichtert und ihr den Willen gegeben, so lange durchzuhalten.

Auf der anderen Seite Pichler, der bekannte, vor Jahren selbst mehrfach darüber nachgedacht zu haben, sich das Leben zu nehmen - und dann "im 7. Stock noch einmal umdrehte". Er wünsche niemanden, dem Druck ausgesetzt zu sein, dass es eine Möglichkeit gebe, sich unkompliziert töten zu lassen: "Wenn die Büchse der Pandora einmal geöffnet ist, lässt sie sich nicht mehr verschließen".

Was folgte, war ein teil erhellende, stets aber beklemmende Debatte. Von dem Anwalt der Antragsteller am VfGH, Wolfram Proksch, der auf die teils widersinnige Rechtslage zwischen Patientenverfügung und dem persönlich geäußerten Wunsch, zu sterben aufmerksam machte, über die Stephanie Merckens, ebenfalls Juristin, katholische Lobbyistin und Mitglied der Bioethikkommission, die genau diese Möglichkeiten als bereits vorhandenes weites Spektrum pries. Unklar blieb für den Seher die Frage, wie sich die Suizid-Statistiken bei einer Freigabe der Tötung auf Verlangen entwickeln: Hier widersprachen sich alle Seiten, eine neutrale Auflösung hätte wohl getan.

Die beiden Palliativmediziner in der Runde, Herbert Watzke (AKH) und Erika Preisig vom Schweizer Sterbebegleitungs-Verein "Eternal Spirit" schilderten Fälle aus ihrer Praxis: Watzke, der eine Liberalisierung ablehnt, erzählt, wie er einer Lungenpatientin bereits im jetzigen Rahemen helfen konnte, schmerzfrei einzuschlafen - und Preisig, wie eine ihrer Patientinnen es sich durch ihre Beratung noch einmal überlegte: Sie lebt noch heute.

Fazit: ganz ohne den üblichen Polit-Hickhack eine spannende Runde, die die Positionen exzellent herausarbeitet. Auch den Verfassungsrichtern noch einmal zum Nachsehen empfohlen.