Es war eine ungewöhnliche Rochade: Nina Tomaselli, die Fraktionsführerin der Grünen im Ibiza-U-Ausschuss schlüpfte vergangenen Mittwoch in die Rolle ihres Parlamentskollegen Christian Hafenecker von der FPÖ. Vor Publikum las sie aus den U-Ausschussprotokollen der Befragung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) vor, dessen Part der Grüne Wiener Gemeinderat Peter Kraus übernahm. Die Veranstaltung war ausgebucht.

Eine ungewöhnliche Rochade wird es auch am kommenden Mittwoch geben, wenn der Ausschuss zum ersten Mal nach der Sommerpause wieder zusammenkommt. Als erste Auskunftsperson ist nämlich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka geladen, der den U-Ausschuss eigentlich als Vorsitzender leitet. Weil die Opposition ihn als mögliches Mitglied eines vermuteten Netzwerks rund um Korruption und Gesetzeskauf sieht, muss er den Parlamentariern unter Wahrheitspflicht Auskunft geben. ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl spricht von „konstruierten Vorwürfen“. Als Vorsitzende springt am Mittwoch Doris Bures von der SPÖ ein.

Start in den Herbst ohne Ibiza-Video

Im Zentrum der Befragungen am ersten Tag steht die Frage, ob sich Unternehmen über Spenden an parteinahe Vereine politischen Einfluss kauften. Nach Sobotka, der als Präsident des „Alois Mock Instituts“ einvernommen wird, sind der ehemalige Novomatic-Konzernsprecher Bernhard Krumpel und Sigma-Invest-Vorstand Marcus Braun vorgeladen. Beide stehen in Zusammenhang mit dem FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“, der - so der Verdacht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft - finanzielle Zuwendungen für die FPÖ und lukrieren lukrieren sollte.

Das namensgebende Beweisstück, das Ibiza-Video selbst, liegt den Abgeordneten auch nach der Sommerpause noch nicht vor. Alle Fraktionen drängen geschlossen auf die vollumfängliche Freigabe. Noch vor der Befragung wird am Mittwoch daher im nicht medienöffentlichen Geschäftsordnungsteil diskutiert werden, wie das Video per Beweisbeschluss oder „Rüge“ eingemahnt werden kann. In letzter Konsequenz wolle man mit der Causa zum Verfassungsgerichtshof gehen.